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Solche Spikes wurden in die Sohlen der Römer geschraubt, damit sie auf matschigen Wegen und auf vereistem Pflasterstein nicht ausrutschten.

© dpa

Römer in Germanien: Spikes für die Legionäre

Sabine Hornung gräbt im Hunsrück das bisher älteste gefundene Römerlager in Deutschland aus. Die Anwohner hätten nie geahnt, dass hier vor 2000 Jahren wichtige Kämpfe stattfanden, die Caesar in "De bello Gallico" beschreibt.

Der Hauch der Weltgeschichte weht über den Hügel. Vermutlich war es der römische Offizier Titus Labienus, der im Gallischen Krieg im ersten Jahrhundert vor Christus mit seinen Legionen auf einem Hügel im Hunsrück rund 30 Kilometer südöstlich der heutigen Stadt Trier sein Lager aufgeschlagen hatte. Von hier hatte er einen hervorragenden Blick auf die fünf Kilometer entfernte keltische Stadt, die gut geschützt hinter einer bis zu zehn Meter hohen Ringmauer lag. Von dort oben konnten im Jahr 53 oder 51 vor Christus die römische Kavallerie und die Legionäre zu Fuß die Einheimischen in ihrer Festung in Schach halten. „Aus diesem Militärlager könnten die Römer den Widerstand des Keltenstammes der Treverer gebrochen haben“, vermutet Sabine Hornung vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Mainzer Universität, die zurzeit die mehr als 2000 Jahre alte römische Garnison ausgräbt. Die Archäologin steht damit vermutlich genau auf einem der Kriegsschauplätze, von denen Schüler im Latein-Unterricht erfahren, wenn sie den bekannten Bericht „De bello Gallico“ des römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar übersetzen.

Mit diesem Militärlager untersucht Sabine Hornung also nicht nur die älteste Garnison, die bisher in Deutschland gefunden wurde, sondern gleich auch ein Stück Weltgeschichte. Denn mit seinen Feldzügen in den Norden des heutigen Frankreichs, nach Belgien, England und über den Rhein zu den Germanen legte Caesar die Grundlage für seine spätere Alleinherrschaft über das römische Weltreich. Titus Labienus war einer seiner wichtigsten Offiziere, auf dessen Spuren Sabine Hornung jetzt gestoßen ist. Sie hat deutliche Hinweise gefunden, dass auf dem Hügel wirklich das Lager seiner Legionen war.

Fußstollen für die Sandalenkrieger. Die Archäologin Sabine Hornung zeigt einen kleinen schirmförmigen Nagelknopf.
Fußstollen für die Sandalenkrieger. Die Archäologin Sabine Hornung zeigt einen kleinen schirmförmigen Nagelknopf.

© dpa

Die heutigen Menschen in der nahe gelegenen Kleinstadt Hermeskeil kannten die Überreste schon lange. Im Wald sahen sie immer wieder Reste des Walles, der einst das Militärlager umgab. Bis Sabine Hornung und ihre Mitarbeiter im März 2010 aber begannen, das Gelände systematisch zu untersuchen, wusste niemand, welche Anlage einst auf dem Hügel thronte.

Der Wall hatte die Form eines Rechtecks und schützte eine Fläche von 18,2 Hektar oder 25 Fußballfeldern. „Zusammen mit ihren Hilfstruppen marschierten in einer kompletten römischen Legion rund 8000 Menschen, die gut in ein Lager dieser Größe passten“, erklärt Sabine Hornung. Allerdings berichtet Caesar, dass Titus Labienus 53 vor Christus sogar mit drei und 51 vor Christus mit zwei Legionen gegen die Treverer zog, deren wichtigste Stadt in Sichtweite vor den Wällen der römischen Garnison lag. Gegen Ende des gallischen Krieges hatten Verluste die Legionen oft auf die Hälfte ihrer normalen Stärke dezimiert, berichtet Caesar in „De bello Gallico“. „Es ist also gut möglich, dass hier tatsächlich zwei Legionen, vielleicht auch drei lagerten“, erklärt die Archäologin.

Neben der Garnison auf dem Hügel gab es weiter unten noch eine 7,6 Hektar große Erweiterung, in der eine Quelle die Wasserversorgung sicherte. „Dort hielten sich vielleicht die Versorgungseinheiten auf“, schlussfolgert Hornung. Um die Soldaten mit allem Lebensnotwendigen von Speisen und Getränken oder Futter für die Pferde der Kavallerie bis zu Waffen und Rüstung zu versorgen, muss man ja nicht im Militärlager selbst leben.

Inzwischen haben die Sucher auch Scherben von Gefäßen ausgegraben, die aus der Zeit des gallischen Krieges von 58 bis 51 vor Christus oder aus den Jahren unmittelbar danach stammen. Im Lager entdeckten die Forscher auch mehrere Mühlsteine zum Mahlen des Getreides, rund die Hälfte davon stammte von den Kelten. „Je länger der Krieg dauerte, umso mehr Material hatten die Truppen vom Feind erbeutet“, erklärt Sabine Hornung. Die vielen keltischen Mühlsteine könnten also darauf hindeuten, dass der Krieg bereits zu Ende ging, als die Römer das Lager auf dem Hügel bauten. Das ist ein vager Hinweis auf das letzte Kriegsjahr 51, als Titus Labienus zum letzten Mal gegen die Kelten zog.

„Das Pflaster am Tor des Militärlagers war schon ein wenig abgenutzt“, erzählt Sabine Hornung weiter. „Da waren sicher schon viele Menschen drübergelaufen, vermutlich war das Lager also einige Wochen oder Monate benutzt.“ Darauf deuten auch die vielen Nägel hin, die sie dort fand. Die Ledersohlen der römischen Schuhe waren ja ziemlich rutschig. Um ihre Griffigkeit auf den matschigen Wegen der damaligen Zeit zu verbessern, steckten einige solcher Nägel in den Sohlen, die obendrein verhinderten, dass sich das Schuhwerk schnell abnutzte. Einige dieser Nägel lösten sich und blieben auf dem Pflaster liegen.

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