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Update

Russland: Elf Jahre Haft für Ex-Polizisten im Mordfall Politkowskaja

Die tödlichen Schüsse auf die russische Reporterin Anna Politkowskaja sorgten vor sechs Jahren weltweit für Entsetzen. Ein Ex-Polizist hatte dafür die Mordwaffe besorgt - und wurde nun dafür verurteilt. Doch wirklich aufgeklärt ist die Bluttat noch lange nicht.

Im Gerichtsverfahren zur Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja ist ein ehemaliger Polizist zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das entschied ein Moskauer Bezirksgericht am Freitag, nachdem der Angeklagte Dmitri Pawljutschenkow sich schuldig bekannt hatte, den Mordanschlag organisiert zu haben. Die Verteidigung der Familie Politkowskajas sowie die Anwälte Pawljutschenkows kündigten Berufung an.
Laut russischen Nachrichtenagenturen muss Pawljutschenkow die Haftstrafe in einem Arbeitslager verbüßen. Zudem muss er drei Millionen Rubel (rund 75.000 Euro) an die Kinder Politkowskajas zahlen. Er hatte zuvor eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft getroffen und zugegeben, die regierungskritische Journalistin beschattet sowie eine Pistole organisiert und diese dem Schützen übergeben zu haben. Nach dem Geständnis wurde der Prozess im Schnellverfahren durchgezogen und nach nur drei Tagen abgeschlossen.
Die Anwältin der Familie Politkowskajas, Anna Stawizkaja, hatte die Höchststrafe von 13 Jahren Lagerhaft verlangt. Nach dem Urteil vom Freitag kündigte sie an, Berufung einzulegen. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft gefordert, während die Verteidigung für eine Bewährungsstrafe eingetreten war. Das Urteil vom Freitag bewertete sie als zu hart und kündigte an, ebenfalls in Berufung zu gehen. Aus ihrer Sicht hätte Pawljutschenkow wegen der Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft eine geringere Strafe erhalten müssen.
Der Ex-Polizist bat vor Gericht bei den Angehörigen um Entschuldigung. „Ich will mein Bedauern über diese Tat ausdrücken“, sagte Pawljutschenkow. Er bedauere, in den Fall „hineingezogen“ worden zu sein. Die Familie Politkowskajas wolle er um Vergebung bitten, „soweit dies möglich“ sei. „Es kann viel gesagt werden, aber es wird die Sache für die Politkowskaja-Familie oder meine Familie nicht einfacher machen“, sagte er.
Die Journalistin war im Oktober 2006 im Treppenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Sie war eine scharfe Kritikerin von Präsident Wladimir Putin. In ihren Berichten prangerte sie insbesondere Menschenrechtsverletzungen während des Tschetschenien-Kriegs an. Nach Ansicht der Ermittler zahlte der tschetschenische Mafia-Boss Lom-Ali Gaitukajew Pawljutschenkow rund 115.000 Euro für den Mord, soll aber nicht der eigentliche Auftraggeber gewesen sein.
Gaitukajew sitzt im Zusammenhang mit einem anderen Verbrechen derzeit eine zwölfjährige Gefängnisstrafe ab. In wessen Interesse er den Mord in Auftrag gegeben hatte, ist bis heute unklar. Im Jahr 2009 wurde der Todesschütze Rustam Machmudow zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Zwei an der Tat beteiligte Brüder Machmudows wurden dagegen freigesprochen. Im Jahr 2010 entschied der oberste Gerichtshof, den Prozess gegen die drei Tschetschenen neu aufzurollen.

Der jetzige Prozess wurde dafür kritsiert, nicht zur Klärung der Frage nach dem Drahtzieher beigetragen zu haben. Obwohl die Ermittler davon ausgehen, dass Gaitukajew die Anweisung zur Bildung der Gruppe gegeben hat, die Politkowskaja tötete, soll er selbst vom eigentlichen Drahtzieher bezahlt worden sein. Der Sprecher des russischen Ermittlungskomitees, Wladimir Markin, kündigte an, die Ermittlungen weiterzuführen, bis der Drahtzieher gefunden sei. (AFP)

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