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Panorama: Saddams Erbe

Vor Nizza ankert eine sagenhafte Luxusjacht. Sie gehörte Iraks Diktator und hat eine Raketenabwehr

An der französischen Riviera ist verrückter Pomp von Superreichen nichts Ungewöhnliches. Die weiße 82-Meter-Megajacht unter irakischer Flagge jedoch, die seit einem Jahr im Hafen von Nizza liegt, stellt alles in den Schatten. An Bord der „Ocean Breeze“ gibt es riesige Prunksalons, 14 Luxuskabinen, mehrere Schwimmbecken und sogar eine Moschee. Das Schiff verfügt über ein – inzwischen entschärftes – Raketenabwehrsystem und ein Mini- U-Boot, zu dem ein Geheimgang hinabführt.

Unter Deck eingebaut ist eine Ambulanz mit Operationssaal. Alle Scheiben sind aus kugelsicherem Glas. Keine Geschmacksverirrung ist ausgelassen in dieser Mischung aus James Bond und Tausendundeiner Nacht – von den obligatorischen vergoldeten Wasserhähnen bis zu den endlosen Plüschsofareihen im Salon und den Marmortischen in orientalischem Barock. In dem gigantischen, beigefarbenen Himmelbett des Hauptschlafzimmers nächtigte einst Saddam Hussein.

Am Sonntag entschied das irakische Kabinett, die schwimmende Luxusfestung zu verkaufen – 20 Millionen Euro für die Staatskasse erhofft sich Finanzminister Bajan Dschabr. Vorausgegangen war ein langwieriger Rechtsstreit vor französischen Gerichten. Denn die Besitzverhältnisse des skurrilen Gefährts waren genauso verworren wie seine Geschichte. Fest steht, dass die Superjacht 1981 in der dänischen Werft Helsingor unter dem Namen „Qadissiyat Saddam“ gebaut wurde. Doch schon 1986 ließ der Diktator das Schiff von der Hafenstadt Basra nach Dschidda in Saudi-Arabien verlegen, um es während des Krieges mit dem Iran vor Luftangriffen zu schützen. Dort ankerte die Jacht zwanzig Jahre lang und diente den saudischen Monarchen als Ort für opulente Feste.

Für Ordnung an Bord sorgte eine griechische Zwölf-Mann-Crew, die alle zwei Jahre für die Wartung nach Griechenland schipperte. Nach der Hinrichtung Saddams Ende 2006 wollten die Saudis das skurrile Boot offenbar loswerden und reichten es an König Abdullah II. von Jordanien weiter. Als die Superjacht wenige Monate später in Nizza auftauchte und der Londoner Makler Nigel Burgess sie per Internet zum Verkauf anbot, intervenierte der Irak, beanspruchte das Schiff als Staatseigentum und zog vor Gericht.

Jordanien legte sich zunächst quer und behauptete, Saddam habe die Jacht bereits 1986 dem saudischen Königshaus geschenkt. Im Juli schließlich verzichtete Abdullah II. offiziell per Brief an das Finanzgericht Nizza. Jetzt sucht Bagdad unter den schrägen Milliardären des Globus einen Käufer für den schwimmenden Palast.

Nur dreißig solcher „Monster-Luxusjachten“ existieren weltweit, schätzt Phil Draper, Mitarbeiter des britischen Magazins „Superyacht World“. „Wenn man ein solches Schiff heute bauen wollte, müsste man mindestens 100 Millionen Euro hinblättern“, sagt er. Da ist der vom Irak geforderte Preis geradezu ein Schnäppchen.

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