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Pool in der Wüste: Viele Einwohner Kaliforniens mögen auf ihre Schwimmanlagen nicht verzichten. Doch Wasser ist wegen der Trockenheit Mangelware.

© Lucy Nicholson/Reuters

Salz und Wasser: Trockenheit in Kalifornien - jetzt sind Ideen gefragt

US-Bundesstaat Kalifornien leidet unter einer Jahrhundertdürre. Und hat doch so viel Bedarf an Wasser. Sparauflagen sind das eine. Das andere sind neue Ideen. Wie die von San Diego.

„Blacks“ nennen sie den schmalen Streifen Strand, zu dem man nur auf einem schwierigen Pfad über die steilen Klippen kommt. Einheimische Surfer tragen ihre Bretter hier hinunter, wenn sie es mit den Wellen des Pazifik aufnehmen wollen. Weiter im Süden dringt das Meer als Mission Bay tief ins Landesinnere ein. Für die Bewohner von San Diego ist der Pazifik dort ein einziger großer Erholungspark.

Auch die Innenstadt der südlichsten Stadt Kaliforniens ist auf seine glitzernde Wasserfront, das riesige Hafenbecken und die graue Navyflotte ausgerichtet. San Diego lebt am, mit dem und durch den Pazifik. Auf die Idee, von ihm zu leben, war man hier bisher nicht gekommen. Doch die Lage hat sich dramatisch geändert: San Diego liegt bald trocken.

Mit seinen knapp 1,4 Millionen Einwohner ist San Diego die achtgrößte Stadt der USA. Zur Trinkwasserversorgung der Menschen ist sie auf den Colorado River und auf Lieferungen aus dem Norden Kaliforniens angewiesen. Doch der braucht sein Wasser mehr und mehr selbst. Angesichts der Jahrhundertdürre haben deshalb die Verteilungskämpfe längst begonnen. Jetzt aber sollen die Wassermassen des Pazifiks einen erheblichen Teil des Trinkwassers beisteuern. Die Stadt errichtet die größte Entsalzungsanlage in der westlichen Welt. Sie soll fast 200 Millionen Liter Trinkwasser produzieren – pro Tag.

Die Millionenstadt San Diego will Trinkwasser aus dem Meer gewinnen.
Die Millionenstadt San Diego will Trinkwasser aus dem Meer gewinnen.

© REUTERS

Mit immer neuen Anweisungen kämpft Kalifornien in diesen Tagen gegen die Trockenheit. Am 1. April ordnete Gouverneur Jerry Brown an, die Städte und Gemeinden des Bundesstaates müssten 25 Prozent beim Wasserverbrauch sparen. Schon ein Jahr zuvor hatte Brown die Städte aufgefordert, den Wasserverbrauch freiwillig um 20 Prozent zu reduzieren. Doch richtig erfolgreich war er damit nicht. Am 1. April dieses Jahres dann maß die Wasserbehörde den niedrigsten Schneestand oben in der Sierra Nevada seit 60 Jahren. Der Gouverneur musste handeln.

Strenge Auflagen für die Bewässerung

Städte dürfen künftig die bepflanzten Mittelstreifen zwischen Fahrbahnen nicht mehr bewässern. Millionen Quadratmeter städtischer Grünflächen müssen entfernt und mit „trockenheitsunempfindlichen“ Landschaftsbauelementen ersetzt werden. Golfplätze, die weiten Rasenflächen eines jeden Universitäts-Campus, selbst Friedhöfe müssen hinnehmen, dass ihr Grün allmählich braun wird. Neue Ansiedlungsprojekte müssen sich strengsten Wasserrichtlinien unterwerfen und modernste Technologien vorweisen.

Die Trockenheit könnte in Kalifornien zum Dauerzustand werden, mahnt Brown. Die Einwohner des Bundesstaates müssten deshalb lernen, ihre Gewohnheiten im Umgang mit Wasser zu verändern. „Es ist eine andere Welt“, sagte Brown. Zu hoher Wasserverbrauch wird künftig nicht mehr nur mit hohen Preisen bestraft, sondern auch geahndet. Bis zu 10 000 Dollar Strafe muss man am Tag zahlen, wenn die Brown’sche Anordnung nicht befolgt wird. Kritiker bemängeln, dass sich die Vorgaben nur auf die Städte beziehen, wo doch die Landwirtschaft etwa drei Viertel des Wassers verbrauche. Die Farmer allerdings seien schon sehr hart getroffen, sagt ein Mitarbeiter des Gouverneurs. 200 Millionen Quadratmeter Ackerland seien vergangenes Jahr wegen Wassermangels verloren gegangen.

„Manche Leute fragen: Was ist mit den Farmern“, erklärt Gouverneur Brown. „Und Farmer wiederum sagen: Was ist mit den Leuten, die ihre Vorgärten wässern?“ Jeder müsse noch mehr tun. Der Exekutivdirektor der Wasser-Stiftung Kaliforniens und frühere Minister für natürliche Ressourcen, Lester Snow, warnt bereits, der Wasserverbrauch außerhalb von Gebäuden könne angesichts der dramatischen Lage noch vor dem Sommer gänzlich infrage stehen.

Die Städte wollen das allerdings so nicht hinnehmen. Von heute auf morgen könne man die Wasserhähne nicht einfach zudrehen, betonen sie. Folglich suchen sie nach Auswegen. Mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Dollar entsteht darum die Entsalzungsanlage in Carlsbad, am Nordrand von San Diego. Bereits im November soll sie, wenn alles läuft wie geplant, in Betrieb genommen werden.

Dieser Schritt San Diegos stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung. Kritiker monieren zum Beispiel den hohen Stromverbrauch der Anlage und den damit verbundenen Ausstoß von Kohlendioxid. Umweltschützer befürchten, dass die Anlage damit nur einen neuen Kreislauf der Austrockung von CO2-Ausstoß, Erderwärmung und extremer Trockenheit für Kalifornien schafft. Außerdem wird gerügt, dass der Pazifik letztendlich „versalzt“ wird, weil das dem künftigen Trinkwasser entzogene Salz ins Meer zurückgeleitet wird. Die Entsalzung dürfe deshalb nur ein letzter Ausweg sein.

In den anderen großen Städten des Landes aber blickt man gespannt nach Süden. San Diego wird die erste Metropole in Kalifornien sein, die den Ozean als Trinkwasserressource nutzt. Die Anlage in Carlsbad gilt als Testfall für den Griff nach dem Pazifik.

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