zum Hauptinhalt
Startrampe. Von hier, dem europäischen Spaceport in Französisch Guayana, soll eine Sojus die Satelliten für das Navigationssystem "Galileo" in den Orbit schießen.

© ESA/rtr

Update

Satellitennavigationssystem "Galileo": Start der Sojus-Rakete auf Freitag verschoben

Probleme mit der Trägerrakete sind der Grund: Am Donnerstag sollten die ersten Satelliten des europäischen Navigationssystems "Galileo" in ihre Umlaufbahn gebracht werden, jetzt wurde der Start verschoben.

Mehrere Male stand das europäische Satellitennavigationssystem „Galileo“ schon auf der Kippe. Nun soll es endlich losgehen. Für Donnerstag um 12.34 Uhr deutscher Zeit ist der Start einer Trägerrakete angesetzt, die die ersten zwei von insgesamt 30 Satelliten in eine Erdumlaufbahn schießen soll. Sie stecken in der Spitze einer russischen „Sojus“-Rakete, die – und das ist die zweite Premiere – vom europäischen Weltraumzentrum Kourou in Südamerika abheben wird.

Der Startplatz liegt mit etwa fünf Grad nördlicher Breite sehr nahe am Äquator. Für einen Beobachter im Weltraum bewegt sich der Dschungel von Französisch Guayana bei der Erdrotation viel schneller als die Steppe um das Kosmodrom Baikonur bei 45 Grad Nord, von wo aus die Russen normalerweise starten. Diesen Extraschwung nutzen die Raumfahrtingenieure aus: Allein durch diesen Effekt kann Sojus fast doppelt so viel Fracht der Erdanziehung entreißen als bei den Starts in Baikonur.

Die physikalischen Vorteile von Kourou sind das eine. Dem gegenüber steht der finanzielle, technische und politische Aufwand, eine russische Rakete von französischem Hoheitsgebiet aus abheben zu lassen. Mit zwei Jahren Verspätung geht die Sojus-Startanlage nun in Betrieb. Obwohl die europäischen „Ariane“-Raketen nur 13 Kilometer entfernt abheben, sind sie für die ersten „Galileo-Lifts“ nicht eingeplant. Sie sind schlicht zu stark für die relativ leichten Satelliten. Ihr Potenzial würde nicht annähernd ausgenutzt, was die Transportkosten unnötig erhöhen würde. Man fährt schließlich auch nicht mit einem 7,5-Tonner zum Einkaufen.

Mit Galileo wollen sich die Europäer endlich unabhängig vom amerikanischen GPS (Global Positioning System) machen. Dieser Dienst, ursprünglich für das Militär entwickelt, ermöglicht zum Beispiel die Navigation im Auto oder mit entsprechenden Geräten auch für Radfahrer und Wanderer. Vermessungstechniker nutzen ihn ebenso wie Landwirte, die mithilfe der Technik ortsgenau Dünger ausbringen.

Galileo soll genauer sein als das amerikanische Pendant. Durch eine größere Zahl an Satelliten und einer höherliegenden Umlaufbahn bei rund 23 000 Kilometern soll eine bessere Abdeckung auch in engen Straßenschluchten der Großstädte erreicht werden. Neben frei zugänglichen Diensten, kommerziellen Zusatzfunktionen und einem Dienst für hoheitliche Aufgaben, der exklusiv der Staatsmacht vorbehalten bleibt, wird Galileo über einen Rückkanal verfügen. Im Gegensatz zu GPS ist es damit nicht nur möglich, Signale zu empfangen, sondern auch zu senden. Diese Funktion ist allerdings für die Kommunikation zwischen Notrufsendern und Rettungsstellen vorgesehen, um im Gefahrenfall schneller und besser zu helfen. In drei Jahren sollen genügend Satelliten um die Erde kreisen, damit Galileo in Betrieb gehen kann. Die Gesamtkosten wurden zu Beginn auf 3,4 Milliarden Euro geschätzt, stiegen aber immer wieder. Jetzt werden sie mit 4,8 Milliarden beziffert.

Derzeit laufen die letzten Vorbereitungen für den Start der Sojus. Alle Systeme werden geprüft, der Treibstoff in die Tanks gepumpt. Vier hohe Masten ragen über die Rakete hinaus in den Himmel. Sie sollen bei Gewitter – die dort häufig sind – Blitzschläge auf sich ziehen. Ringsum ist das Gelände des Weltraumbahnhofs Kourou gut gesichert: von Zaunreihen, schwer zu durchdringendem Dschungel und Soldaten der französischen Fremdenlegion.

Nichts soll den Start gefährden. Schließlich geht es nicht nur um Galileo. Mit der neuen Kooperation auf dem südamerikanischen Kontinent wollen sich Russen und Europäer auch bei anderen Nationen bewerben als zuverlässiger Frachtdienstleister in den Erdorbit. Das Angebot wird sogar noch um die kleine europäische „Vega“-Rakete erweitert werden, die im nächsten Jahr erste Testflüge absolvieren soll. Die Konkurrenz ist groß. Vor allem Indien und China, in Zukunft vielleicht auch Südkorea, kommen ebenfalls als Satellitenspediteure in Frage – und nicht zuletzt eine Handvoll Privatunternehmen aus den USA.

Zur Startseite