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Panorama: Satz und Sieg

Klage gegen Boris Becker über 1,5 Millionen Euro abgewiesen – Ex-Tennisstar muss nur 5708 Euro nachzahlen

Der, um den sich alles drehte, war gar nicht da. Boris Becker hatte es vorgezogen, der Urteilsverkündung im Prozess um das Pleite gegangene Internetportal Sportgate fernzubleiben. Das ärgerte besonders die Schar der Fernsehteams, die sich am Donnerstag um 10 Uhr auf dem engen Flur des Münchner Landgerichts drängelten. „Super, dafür sind wir jetzt mit zwei Teams da“, ärgerte sich ein glatzköpfiger RTL-Mann, „und dann ist der Kerl irgendwo im Ausland.“

Man konnte den Frust verstehen. Endlich hätte es wieder einmal Bilder des strahlenden Siegers Boris Becker gegeben, nachdem der einstige Tennisstar und Liebling der Nation in den vergangenen Jahren von der Besenkammer-Affäre bis zur Verurteilung wegen Steuerhinterziehung von einem Tief ins nächste gerutscht war. Am Donnerstag aber bescherte ihm der Vorsitzende Richter Stefan Bischoff von der 12. Zivilkammer des Landgerichts München I einen vollen Erfolg – allerdings nur vorläufig.

Statt der geforderten 1,5 Millionen Euro muss Becker lediglich 5708 Euro und 80 Cent für die Pleite von Sportgate bezahlen – plus Zinsen. Der Insolvenzverwalter des Internet-Unternehmens hatte sich bei seiner Forderung auf eine formlose Erklärung aus dem Jahr 2000 berufen, die Becker, wie er selber im Laufe des Prozesses sagte, „mal eben locker aus der Hüfte“ in einer Washingtoner Bar unterzeichnet hatte. Mit seiner Unterschrift verpflichtete sich der frühere Tennisprofi, mögliche Verluste von Sportgate bis zu einer Höhe von 1,5 Millionen Euro aus eigener Tasche auszugleichen.

Das Gericht befand nun allerdings, dass es „Zweck dieser Erklärung war, den Bestand des Unternehmens durch rechtzeitigen Verlustausgleich zu sichern“. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im August 2001 war Beckers Selbstverpflichtung demnach aber hinfällig – denn es gab nichts mehr zu retten. Weil die Sportgate AG aber Aktien im Wert von 2 000 000 Euro ausgab, obwohl lediglich knapp 86 000 Euro Eigenkapital vorhanden waren, muss Becker nun für die Unterbilanz in Höhe von rund 114 000 Euro geradestehen – allerdings nur mit einem Anteil von fünf Prozent, was seiner Beteiligung am Internetportal entspricht.

Ebenfalls nicht vor Gericht erschienen war Insolvenzverwalter Hartwig Albers, für den das Urteil eine herbe Niederlage bedeutete. Ihm hatte Richter Bischoff im Laufe der Verhandlung mehrfach zu verstehen gegeben, dass die Millionen-Forderung wenig Aussichten auf Erfolg habe. Stattdessen schlug Bischoff einen Vergleich vor, nach dem Becker zwischen 150 000 und 300 000 Euro zahlen sollte. Die Gegenseite bestand aber auf mindestens eine Million Euro. Das war offensichtlich zu hoch gepokert, denn nun steht Insolvenzverwalter Albers mit fast leeren Händen da.

Allerdings wird er Berufung gegen das Urteil einlegen, wie sein Mitarbeiter Alexander Fridgen gestern erklärte: „Der Argumentation des Gerichts können wir nicht folgen. Wir sind der Ansicht, dass die Erklärung von Herrn Becker auch nach Einleitung des Insolvenzverfahrens noch gilt. Er muss für seine Unterschrift geradestehen.“ Ein außergerichtlicher Vergleich sei auch wenige Tage vor der Urteilsverkündung noch einmal gescheitert, sagte Fridgen, „weil die Vorstellungen der Beteiligten nach wie vor weit auseinander liegen“. Das Verfahren geht also in die nächste Runde, möglicherweise mit einer wesentlich aufwändigeren Beweisaufnahme und neuen Zeugen. Vielleicht wird sich Boris Becker demnächst dann doch noch einmal im Münchner Landgericht zeigen.

Jörg Schallenberg[München]

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