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Saudi-Arabien: Die Braut geht in die vierte Klasse

Ein achtjähriges Mädchen will sich in Saudi-Arabien von einem 50 Jahre älteren Mann scheiden lassen. Ihr Vater hatte sie für über 5000 Euro an ihn verkauft.

Das Gericht der Stadt Aneisa in Saudi-Arabien soll am Samstag über ein Scheidungsverfahren entscheiden. Doch eigentlich geht es in dem Prozess um den sexuellen Missbrauch eines Kindes, das von seinem Vater verkauft wurde. Die Klägerin besucht die vierte Klasse. Der Ehemann, den die Achtjährige loswerden will, ist etwa 50 Jahre älter als sie.

Die Geschichte begann damit, dass ihre Mutter das Haus verließ und zu ihren Eltern zog, weil sie das Benehmen ihres Ehemannes nicht mehr ertragen konnte. Der Vater behielt das Mädchen bei sich und zog vor ein islamisches Gericht, um seine Frau zu zwingen, zu ihm zurückzukehren. Im Laufe dieses Verfahrens erfuhr die Mutter zufällig, dass ihr Gatte die gemeinsame Tochter einem Gläubiger aus der Nachbarstadt Buraida „zur Frau gegeben“ hatte, der ihm dafür einen Teil seiner Schulden, 30 000 Rial (5488 Euro), erließ. Daraufhin nahm die Mutter einen Anwalt und klagte gegen den „Ehemann“. Sie forderte für ihr Kind die Scheidung. Doch der Mann lehnte ab. Bei einer Sitzung im Gericht im vergangenen August erklärte er, die Heirat sei rechtens und er sei nicht bereit, auf seine „Ehefrau“ zu verzichten.

Er berief sich darauf, dass der Prophet Mohammed, der ja ein Vorbild für alle Muslime sei, auch ein kleines Mädchen zur Frau genommen habe. Der Anwalt der Mutter, Abdullah al-Dschutaili, hielt dagegen und sagte, der Prophet sei kein gewöhnlicher Mensch gewesen, deshalb gälten für ihn andere Regeln als für den Rest der Menschheit. Außerdem habe er seine junge Braut „Aischa“ zunächst nur auf dem Papier geheiratet und die Ehe mit ihr erst vollzogen, als sie in der Pubertät gewesen sei. Dass der Prophet die Verheiratung von Kindern abgelehnt habe, lasse sich auch dadurch belegen, dass er dem Wunsch seiner Gefährten Abu Bakr und Omar, die Prophetentochter Fatima zu heiraten, nicht entsprochen habe, weil diese damals noch zu jung für die Ehe gewesen sei. Stattdessen habe er sie später mit Ali Ibn Abi Talib verheiratet, der nur fünf Jahre älter war als sie.

Schließlich gab der Richter den Prozessbeteiligten 105 Tage Zeit, um einen Kompromiss zu finden. Der Anwalt der Mutter erklärte Ende November in der Zeitung „Al-Riyadh“, der Mann habe alle Angebote abgelehnt. Sogar auf den Vorschlag der Mutter, 30 000 Rial zu bezahlen, damit er auf ihre Tochter verzichtet, sei er nicht eingegangen.

Bislang gibt es in Saudi-Arabien, wo die Gerichte einer Auslegung des islamischen Rechts („Scharia“) folgen, kein Mindestalter für Eheschließungen. Nachdem in den vergangenen Monaten mehrere Fälle von Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen bekannt geworden waren, machen sich nun aber Menschenrechtsaktivisten für ein Gesetz stark, dass diese Probleme aus der Welt schaffen soll. dpa

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