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Rund 100 Tiere eines Bauernhofs in Lübeck-Ivendorf (Schleswig-Holstein) werden getötet.

© dpa

Schleswig-Holstein: Erster deutscher Geflügelbetrieb von Vogelgrippe betroffen

Seit Tagen war die Angst groß, nun steht fest: Auch Hausgeflügel ist bereits an H5N8 verendet. Die Behörden versuchen, Schlimmeres zu verhindern - mit Stallpflicht und mehr Helfern an Seen und Flüssen.

Erstmals während der aktuellen Vogelgrippe-Epidemie ist ein deutscher Geflügelbetrieb von dem gefährlichen Erreger betroffen. Der Verdacht auf H5N8 in einem Putenhof in Lübeck-Ivendorf habe sich bestätigt, teilte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck am Freitag in Kiel mit. Die etwa 100 Tiere des Privathalters werden nun getötet, um den Hof wurde ein Sperrbezirk von drei Kilometern eingerichtet. Auch in Österreich wurde ein erster H5N8-Fall in einem Geflügelbetrieb gemeldet.

Neben Schleswig-Holstein sind in Deutschland bisher Baden-Württemberg, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern betroffen: In den vier Bundesländern wurden bereits Dutzende an der aggressiven Variante des Subtyps H5N8 verendete Wildvögel gefunden. Unter Geflügelhaltern wächst die Angst vor einem Überspringen auf weitere Höfe. In immer mehr Teilen Deutschlands gilt eine Stallpflicht für Geflügel, damit sich die Tiere nicht über Wildvögel infizieren können.

Das österreichische Gesundheitsministerium teilte mit, ein Verdachtsfall bei einem Vorarlberger Betrieb am Bodensee habe sich bestätigt. Der gesamte Bestand werde nun gekeult. In unmittelbarer Nähe des Freiland-Putenmastbetriebes waren zuvor tote Wildvögel mit H5N8 gefunden worden. Der Betrieb war gesperrt und eine Schutzzone von drei Kilometern Radius eingerichtet worden.

Fälle auch in anderen europäischen Ländern

Aus mindestens sieben europäischen Ländern wurden inzwischen H5N8-Nachweise bei Wildvögeln oder in Geflügelbeständen gemeldet, zuletzt am Donnerstag vom Wirtschaftsministerium in den Niederlanden. Betroffen waren im Norden von Amsterdam gefundene Wildvögel. Eine landesweite Stallpflicht und ein Transportverbot wurden verhängt. Neben den Niederlanden, Österreich und Deutschland sind auch Ungarn, Dänemark, die Schweiz und Polen betroffen.

In Bayern wollte der Lindauer Landrat Elmar Stegmann am Nachmittag geplante Maßnahmen vorstellen. In Hamburg erließ die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz bereits das sogenannte Aufstallungsgebot. Von Montag an müssen die 1000 Halter in der Hansestadt ihre Hühner, Puten, Enten oder anderes Geflügel in Ställen oder überdachten Volieren unterbringen - auch die Hobbyhalter. Die Regelungen gelten auch für das Winterquartier, in dem die Hamburger Alsterschwäne demnächst untergebracht werden sollen.

Der Geflügelwirtschaftsverband Mecklenburg-Vorpommern appellierte eindringlich an Geflügelhalter, angeordnete Maßnahmen zum Seuchenschutz penibel umzusetzen. Der Personenverkehr in der Nähe dere Tiere „sollte auf das absolut notwendige Maß beschränkt bleiben“, sagte Geschäftsführerin Silvia Ey in Neubrandenburg. Damit soll verhindert werden, dass das hochansteckende H5N8-Virus etwa über Kot an Schuhen eingeschleppt wird. Der wirtschaftliche Schaden bei einem Befall ist enorm.

In vielen Bundesländern sind inzwischen vor allem an Seen und Flüssen verstärkt Helfer unterwegs, um gezielt tote, möglicherweise infizierte Wildvögel zu suchen und um Kotproben zu sammeln. Eine Sprecherin des Agrarministeriums in Baden-Württemberg sprach von einem „intensiven Monitoring“. Die Landkreise mobilisierten beispielsweise die Mitarbeiter von Bauhöfen oder die Feuerwehr. Am Bodensee war erstmals am Mittwoch bei Wildvögeln die gefährliche H5N8-Variante nachgewiesen worden. In Berlin riefen die Behörden die Bevölkerung dazu auf, kranke und tote Wild- und Wasservögel den Veterinärämtern zu melden.

Der Erreger ist für Menschen ungefährlich

Der Erreger ist für Menschen ungefährlich, aber eine erhebliche Bedrohung für Hausgeflügel. Erstmals war die H5N8-Variante der aktuellen Vogelgrippe-Epidemie in Deutschland am 8. November bei verendeten Wasservögeln in Schleswig-Holstein nachgewiesen worden. Verläuft die Vogelgrippe - wie im aktuellen Fall - besonders schwer, sprechen Experten auch von Geflügelpest.

Infektionen von Menschen mit H5N8-Viren wurden laut Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bislang weltweit nicht nachgewiesen. Eine Ansteckung über infizierte Lebensmittel ist nach Auskunft des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) „theoretisch denkbar, aber unwahrscheinlich“.

Zuletzt waren im Winter 2014 Fälle der Vogelgrippe H5N8 in Deutschland aufgetreten. Damals waren vor allem Mastbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, aber auch in den Niederlanden betroffen. Als wahrscheinlichster Übertragungsweg wurden 2014 laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) die internationalen Handelsströme, insbesondere zu den Massentierhaltungsanlagen in Asien, identifiziert. (dpa)

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