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Gegen geschmacklose Werbung gibt es keine Verordnung. Aber gegen sexistische - wenigstens in Bremen.

© dpa

Schmuddelwerbung: Bremen geht gegen sexistische Plakate vor

Die Bundesregierung hat ihre Pläne für einen Bann sexistischer Plakate aufgegeben. Doch die Hansestadt Bremen macht jetzt ernst

Fünf Frauen in String-Tangas strecken ihre Pobacken dem Betrachter entgegen. „Die nehmen den Bus zum Flughafen“, behauptet ein Schriftzug, der quer über die Hinterteile montiert wurde. Sexistische Reklame wie diese wäre mittlerweile wohl verboten, wenn Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seine vage Ankündigung von 2016 wahrgemacht hätte, den Schutz vor herabwürdigender Werbung zu verbessern. „Zensur!“, riefen damals Kritiker, die FDP warf dem Minister „Spießigkeit“ vor.

Maas hat das Projekt inzwischen begraben. Die „Vorüberlegungen“ von 2016 würden nicht weiterverfolgt, sagte ein Ministeriums-Sprecher auf Anfrage, „weil kein Handlungsbedarf gesehen wird“. Deutschlandweit wird es also nichts mit einem Werbeverbot. Bremen aber, das kleinste und ärmste Bundesland, ist immer für einen Sonderweg gut. Am Dienstag beschloss der rot-grüne Senat ein faktisches Verbot „sexistischer und/oder diskriminierender Werbung“ im öffentlichen Raum.

Sieben Verhaltensregeln

Die Lizenz zum Werben auf Plakatwänden hat die Hansestadt schon vor Jahren an einen Reklamevermarkter vergeben. Er muss sich künftig an gewisse Werbe-Leitlinien halten. Die gelten auch für Zuschussempfänger, wenn sie mit öffentlichen Geldern Plakate oder Broschüren drucken wollen und dabei in Versuchung geraten, zu viel nacktes Fleisch zu zeigen. Bremen dürfte damit das erste Bundesland mit einem solchen Werbebann sein, allerdings ohne Patentansprüche, denn im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gilt eine ähnliche Regelung schon seit 2014.

Aber wo fängt Werbung an, sexistisch zu werden? Bei der „Darstellung von geschlechterbezogenen Vorurteilen und Verhaltensweisen, die eine Personengruppe gegenüber einer anderen abwertet“, sagen die neuen Bremer Leitlinien. Dann folgen sieben Punkte, die der Senat aus den Verhaltensregeln des Werberats übernommen hat – zum Beispiel, dass Personen nicht auf ihre Sexualität reduziert und als sexuell verfügbar dargestellt werden dürfen. Auch jede Diskriminierung wegen Herkunft, Religion oder Alter wird untersagt. Als Bewertungshilfe enthalten die Leitlinien auch Fragen wie diese: „Werden Körper oder Körperteile als reiner Blickfang eingesetzt?“, oder: „Suggeriert die Werbung, die abgebildete Person sei (wie das Produkt) käuflich?“

Umständliche Prozedur

Wenn die Reklamevermarkter nicht freiwillig diese Regeln beherzigen, setzt Bremen jedoch keine Plakatpolizei in Marsch. Die Behörden schreiten erst ein, wenn sich jemand beschwert. Dann prüfen zunächst die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe und ihre Mitarbeiterinnen, ob ein Verstoß vorliegt. Anschließend schauen sich jene Senatsstellen, die für den jeweiligen Plakatstandort zuständig sind, das Corpus Delicti an. Wenn auch sie wie Hauffe einen Verstoß erkennen, fordern sie den Reklamevermarkter dazu auf, die Plakate unverzüglich zu entfernen. Ziemlich unsexy, solch ein Verwaltungsverfahren.

Und gegen Reklame auf Privatgelände kann die Stadt ohnehin nichts unternehmen.

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