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Jugendliche sitzen am Steg und halten Ausschau nach "Lotti", der bissigen Schildkröte aus Irsee.

© dpa

Schnappende Schildkröte im Allgäu: Die Suche nach "Lotti" geht weiter

Nachdem der komplette Weiher trockengelegt wurde, sucht die Gemeinde Irsee im Allgäu weiter nach der vermeintlichen Schnappschildkröte "Lotti". Der Bürgermeister zieht schon Parallelen zum Monster von Loch Ness.

Die Suche nach der Alligatorschildkröte "Lotti" geht weiter. Das Tier versetzt seit einigen Tagen eine kleine Gemeinde im Allgäu in Angst und Schrecken. Im Oggenrieder Weiher in Irsee hat die Schildkröte einem achtjährigen Jungen in den Fuß gebissen und dabei seine Achillessehne durchtrennt. 15 Helfer der Freiwilligen Feuerwehr Irsee durchkämmten das Schilf im Weiher. Dort wird die bissige Schildkröte vermutet. Dabei mussten sie eine Fläche von etwa einem Hektar absuchen. Gar nicht so einfach, denn diese Art von Schildkröten versteckt sich gerne im Schlamm.

Vorläufiges Badeverbot

Mit voller Montur inklusive Stiefeln mit Schutz vor Schnitten rückten die Feuerwehrmänner an. Um sich selbst vor Bisswunden zu schützen, durchsuchten sie das Schilf mit zwei Meter langen Stielen. Die Schildkröte sei ziemlich angriffslustig, begründete die Feuerwehr ihre Vorsichtsmaßnahmen. Sollte "Lotti" gefunden werden, landet die Schildkröte in einer Reptilien-Auffangstation in München. Seit Donnerstag gilt für den Badesee ein vorläufiges Badeverbot. "Vorsicht! Uferbereich wegen Schnappschildkröte bitte nicht betreten" liest jeder, der sich dem Gewässer nähert.

Die Helfer gehen bei der Jagd nach dem Reptil nicht zimperlich vor. Nachdem sie etwa 500 Fische des Weihers gefangen und in einen nahen Teich umgesetzt hatten, wurde das Wasser des Badesees in einen Bach abgelassen. Das soll auch so bleiben, bis die Schildkröte gefunden wird. "Nun hoffen wir, dass wir die Schildkröte auf alle Fälle erwischen", sagte der Bürgermeister des Ortes, Andreas Lieb. Wenn auch das nicht hilft, müsse man abwarten. Sollte das Tier ohne Nahrung und Wasser nicht gefunden werden, will man den Winter den Rest übernehmen lassen. Man werde den Oggenrieder Weiher dann einfach bis zum Frühjahr ohne Wasser lassen, sagte Lieb. Das Tier könnte natürlich in ein anderes Gewässer abwandern, das kümmert den Bürgermeister aber nicht. Selbst wenn die Schildkröte flüchten sollte, "den Allgäuer Winter überlebt sie nicht".

Parallele mit Loch Ness

Bürgermeister Lieb fürchtet auch Einbrüche im Tourismus durch das Tier. Es sei eine Katastrophe, mitten in der Ferienzeit das Wasser abzulassen und ein Badeverbot verhängen zu müssen. Lieb geht sogar einen Schritt weiter. "Lotti" erinnere ihn an das Monster von Loch Ness. "Wir haben einen Verletzten, aber kein Ungeheuer", sagt Lieb.

Bewusst nicht für die Ergreifung, sondern für das Finden des Tieres wurde sogar ein Finderlohn von 1000 Euro angesetzt. Die Anwohner wurden ausdrücklich davor gewarnt, die Schildkröte selbst fangen zu wollen.

Von Anfang an vermutete der zuständige Arzt einen Biss. Die Achillessehne des verletzten Jungen, der mit seinen Eltern aus Bonn zum Urlaub im Allgäu war, wurde zweimal durchtrennt. Mit Einwilligung der Mutter schickte der behandelnde Arzt den Jungen zum Zoologischen Institut nach München. Nach einer Prüfung bestätigten die Experten, dass der Grund für die Verletzung der Biss einer Alligatorschildkröte sei. Wegen der markanten Bissabdrücke am Fuß des Jungen dürfte die Schildkröte circa 40 Zentimeter groß und 14 Kilogramm schwer sein.

Tier wurde vermutlich ausgesetzt

Eigentlich haben Alligatorschildkröten in Bayern nichts verloren. Sie sind in weiten Teilen Amerikas heimisch. Die Familie der Alligatorschildkröten teilt sich wiederum in Schnapp- und Geierschildkröten. Es ist ungeklärt, um welche der beiden es sich bei "Lotti" handelt. Die Schildkröte dürfte den Jungen als Bedrohung wahrgenommen haben. "Wenn eine Geierschildkröte dann beißt, ist das verheerend", sagte Markus Baur, der Leiter der Auffangstation für Reptilien in München, der Abendzeitung München. Er selbst habe auch schon unangenehme Erfahrungen mit den Tieren gemacht. "Ich dachte, mein Mittelfinger sei hinüber. Hätte ich ihn nur ein wenig anders gehalten, wäre er ab gewesen."

Schon seit 1999 ist die Haltung von Alligatorschildkröten in Deutschland verboten. Man habe früher Tiere in der Größe einer Streichholzschachtel einfach in der Zoohandlung kaufen können, sagt Baur. Viele der Tiere wurden dann einfach ausgesetzt, wenn sie zu groß wurden. Das Klima setze ihnen nur langsam zu. "Sie sterben jämmerlich über Jahre, weil sie von ihren hirnlosen Besitzern ausgesetzt werden."

Die Eltern des gebissenen Jungen sehen den Vorfall unterdessen mit Gelassenheit. So etwas könne immer mal vorkommen. Auch im kommenden Jahr wolle die Familie ihren Urlaub wieder im Allgäu verbringen. Im Sommer nutzen täglich hunderte Menschen den Badesee.

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