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Panorama: Schnaps-Ideen gegen Steuern

Das Image der Spirituosenindustrie ist schlecht. Das weiß auch die Rüdesheimer Firma Diageo, die im Juli laut gegen die neue Alcopops-Steuer protestierte und der seitdem der Ruf nachhängt, die Jugend zum Alkohol verführen zu wollen.

Das Image der Spirituosenindustrie ist schlecht. Das weiß auch die Rüdesheimer Firma Diageo, die im Juli laut gegen die neue Alcopops-Steuer protestierte und der seitdem der Ruf nachhängt, die Jugend zum Alkohol verführen zu wollen. Jetzt wurden ihre PR-Strategen aktiv und starteten mit einem Budget von 50000 Euro die Kampagne „18+“ – „eine Initiative für verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol“. Der Konzern, der neben Alcopops wie „Smirnoff Ice“ rund 45 Sorten Hochprozentiges vertreibt, verschickt kleine bunte Flyer an Supermärkte, auf denen erklärt wird, dass Alcopops – anders als Bier und Wein – nur an Volljährige verkauft werden dürfen. Die Händler hätten mehr Aufklärung gefordert, so die Begründung. Nebenbei bemerkt PR-Direktor Holger Zikesch, man bleibe natürlich bei der Forderung nach einer Abschaffung der Alcopops-Steuer: „Sachliche Aufklärung kann Jugendliche besser vom Alkoholkonsum abhalten.“

Und er geht einen Schritt weiter: „Wenn man Jugendschutz ernst nimmt, müsste man jeglichen Alkohol für Jugendliche unter 18 verbieten, auch Bier und Wein.“ Für Rolf Hüllinghorst von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen ist das der Beweis für beginnende Grabenkämpfe zwischen den Spirituosen- und den Bier- und Weinherstellern. Wie die Promille-Riesen, die durch die preiserhöhende Alcopops-Steuer junge Käufer verlieren, sollen auch Bier- und Weinhersteller Teile dieser Klientel einbüßen, vermutet er. Die Kampagne von Diageo sei „political correct“, im Grunde genommen aber „ein großer Werbegag“, das Budget von 50000 Euro „ein Witz“.

Diageos Hauptkonkurrent, die Bacardi GmbH, verzichtet auf solche Aktionen. Gemeinsam senken aber beide Konzerne zum Jahresende den Alkoholgehalt ihrer Alcopops von fünf auf drei Prozent – angeblich, weil die Käufer ein Bedürfnis nach weniger Alkohol hätten. Die Produzenten zahlen dann aber auch weniger Steuern pro Flasche und wollen die Preissenkung weitergeben. Freuen dürfte das besonders Jugendliche mit kleinem Geldbeutel. Im Internet werden inzwischen dubiose Brausepulver-Tütchen angeboten – in Wasser aufgelöst wird daraus ein Alcopop mit 4,8 Prozent Alkohol, steuerfrei.

Kathrin Schich

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