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Schwangerschaftsabbruch: Medizinethiker warnt vor Abwertung behinderter Menschen

Eine optimierte Gesellschaft aus Supermännern und Superfrauen - ist das erstrebenswert? Nicht, wenn dadurch nicht-perfektes Leben als minderwertig angesehen und abgetrieben wird - sagt der Medizinethiker Eckhard Nagel.

Der Medizinethiker Eckhard Nagel hat vor einer gesellschaftsweiten Abwertung behinderter Menschen gewarnt. "Von einem gesunden, aktiven, nicht beeinträchtigten Leben halten wir mehr als von einem behinderten", sagte Nagel, der Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Je mehr wir Behinderung - und sei es unbewusst - abwerten, desto weniger behinderte Kinder werden geboren", sagte Nagel vor dem Hintergrund der Debatte um Schwangerschaftsabbrüche nach der 12. Woche, die oftmals wegen einer Behinderung des Ungeborenen vorgenommen werden. Am kommenden Donnerstag berät der Bundestag erstmals über vier fraktionsübergreifende Gruppenanträge, die einen Rückgang der Spätabbrüche zum Ziel haben.

Nagel sprach sich für eine solche Reform aus, da der Gesetzgeber 1995 ausdrücklich Behinderung als Grund für einen Schwangerschaftsabbruch ausgeschlossen habe. Die Abwertung behinderten Lebens sei auch deshalb bedauerlich, "weil es uns vieler Möglichkeiten des Umgangs mit Behinderungen beraubt, die jeden Menschen im Verlauf seines Lebens betreffen können, etwa durch Erkrankungen oder im Alter".

Zugleich übte der Medizinethiker Kritik am Umgang mit dem medizinischen Fortschritt. "Als Gesellschaft müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass wir ganz offensichtlich den medizinischen Fortschritt dazu nutzen, menschliches Leben zu optimieren und damit auch zu bewerten." Eine am Ende solcher Optimierung denkbare "Menschheit aus normierten Supermännern und Superfrauen" nannte Nagel "unendlich ärmer als unsere heutige". (saw/ddp)

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