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Silvia

© AFP

Schweden: Das Herz des Hofes

Königin Silvia von Schweden wird am Dienstag 65 Jahre - und will nicht viel Aufhebens um das Jubiläum machen. Das pragmatische schwedische Volk stört sich nicht besonders daran.

Das ständige gute Zureden des Königs hat nicht geholfen. Königin Silvia Renate von Schweden weigert sich standhaft, eine große Veranstaltung aus ihrem 65. Geburtstag am Dienstag zu machen, obwohl ihr Gemahl König Carl Gustaf in diesem Herbst mehrmals versucht hat, ihr eine größere offizielle Feier schmackhaft zu machen.

„Silvia will nicht so viel Aufmerksamkeit auf ihren 65. Geburtstag richten“, sagte eine gut informierte Quelle der großen schwedischen Boulevardzeitung „Expressen“. Auch der Hof bestätigte, dass nichts Offizielles eingeplant ist. Das pragmatische schwedische Volk stört sich nicht besonders daran. „Kein Wunder, wer sein halbes Leben auf öffentlichen Banketten verbracht hat, kann es sich zum 65. auch mal ganz privat gemütlich machen, und dann ist ja am nächsten Tag auch gleich Weihnachten, wo noch mal gefeiert wird“, finden ihre Untertanen.

Ein klein wenig wird doch gefeiert. Ihr Geburtstag wird am 23. Dezember im kleinen familiären Rahmen stattfinden. Ein beschauliches Familienabendessen wird es geben, mit Kronprinzessin Victoria, ihren jüngeren Geschwistern Prinz Carl Philip und Prinzessin Madeleine und den engsten Freunden der Königin. Gedeckt wird die kleine Geburtstagstafel im hübschen, etwas außerhalb von Stockholm gelegenen Wohnsitz des Königs paares, dem Schloss Drottningholm (zu Deutsch: Königinneninsel).

Obwohl viele Schweden mit 65 in Rente gehen und Silvia seit über drei Jahrzehnten und ohne nennenswerte Miss geschicke ihr Amt führt, hat sie noch lange nicht vor aufzuhören. Zumindest so lange nicht, bis ihre Tochter Victoria endlich unter die Haube mit dem Fitnesslehrer Daniel Westling kommt. Das kann aber noch dauern, obwohl die beiden schon seit rund sieben Jahren ein Paar sind. „Weder der König noch die Königin gehen mit 65 in Pension“, gibt auch Hofsprecherin Nina Eldh klar zu verstehen.

In der Tat hat die Königin noch so einiges vor, und die schwedische Monarchie hat ihr auch schon viel zu verdanken. 1976 heiratete die attraktive, in Heidelberg geborene und teils in Brasilien mit deutschem Vater und spanischer Mutter aufgewachsene junge Frau König Carl Gustaf, den sie als Hostess bei den Olympischen Sommerspielen in München 1972 kennengelernt hatte. Damals hatte der noch sehr junge und als etwas unsicher geltende Carl Gustaf den Ruf eines Playboys, der sich vor allem für schnittige Boote, schnelle Autos und hübsche Frauen interessierte. Silvia hatte er im Stadion mit seinem Fernglas erspäht, bevor er den ersten Kontakt versuch machte. „Es hat Klick gemacht“, erzählte der Monarch später mit einem Schmunzeln.

Durch Silvias Aufnahme in die Königsfamilie Schwedens verhalf sie zum einen den Deutschen zu einer Art Ersatz monarchie. Und sie schaffte es zum anderen, der damals auf einem Tiefpunkt der Popularität angelangten Königsfamilie in Stockholm wieder neuen Glanz zu verleihen. Sie stand mit ihrem auch heute noch von einem deutlichen deutschen Akzent gezierten Schwedisch für die überfällige Grunderneuerung des Hofes. Nachdem sie die Nation mit drei Kinder beglückt hatte – Victoria 1977, Carl Philip 1979 und Madeleine 1982 –, war die Abschaffung der Monarchie im links geprägten Schweden zumindest kein so prominentes Thema mehr wie Anfang der siebziger Jahre.

Heute haben die schwedischen Monarchen wieder alles im Griff. Die schwedische Presse verhält sich, anders als die britische, ungewöhnlich zahm gegenüber der Königsfamilie. Schlecht über das Königshaus zu schreiben, gilt als Tabu, auch wenn hier und da mal höchst vorsichtig die Grenzen ausgetestet werden.

Königin Silvia gilt denn heute auch als das Herz der Königsfamilie und als deren inoffizielles Oberhaupt, das in der Not immer einen guten Rat parat hat. Auch für ihren Mann, König Carl Gustaf. Der tritt immer wieder durch unbedachte Äußerungen in Fettnäpfchen.

Silvia ist mit 65 eine sehr starke Königin. Während sie früher vor allem mit hübschen Familienbildern faszinierte, ist sie mit zunehmendem Alter auch poli tischer geworden. Sehr populär, aber höchst umstritten ist ihre Forderung, pädophile Täter mit Namen und Fotos öffentlich bekannt zu machen. Da müsse auch der Datenschutz zurückstehen, findet die Monarchin, die für solche politischen Äußerungen eigentlich kein Mandat hat. Das sei ihr egal, sagt sie. Man solle respektieren, „dass auch wir unsere Meinungen haben“.

Ihr Terminkalender ist stets voll. Sie ist Schirmherrin für 60 wohltätige Vereinigungen. Da ist die Weltkinderstiftung, die in 15 Ländern aktiv ist. Und da ist ihr Engagement für Demenzkranke und die Erforschung der Volkskrankheit, an der auch ihre Mutter litt. Auch über ihren eigenen Leidensweg als Tochter sprach sie in diesem Zusammenhang sehr offen und machte damit vielen Menschen Mut.

André Anwar[Stockholm]

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