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Panorama: Schwedens Alkoholgesetz nicht EU-konform

Staatliches Alkoholmonopol gerät ins Wanken/Entscheidung im Sommer erwartetVON JÖRGEN DETLEFSEN, STOCKHOLMDie Festung des staatlichen Monopols, mit der die restriktive schwedische Alkoholpolitik aufrechterhalten wird, wankt unter dem Druck der EU.Nachdem ein Kaufmann, dem wegen unerlaubten Weinverkaufs Bestrafung droht, vor dem Europäischen Gerichtshof einen Teilsieg errungen hat, befürchtet die schockierte Stockholmer Regierung, daß ihr auferlegt wird, den Alkohol weit leichter als bislang zugänglich machen zu müssen.

Staatliches Alkoholmonopol gerät ins Wanken/Entscheidung im Sommer erwartetVON JÖRGEN DETLEFSEN, STOCKHOLMDie Festung des staatlichen Monopols, mit der die restriktive schwedische Alkoholpolitik aufrechterhalten wird, wankt unter dem Druck der EU.Nachdem ein Kaufmann, dem wegen unerlaubten Weinverkaufs Bestrafung droht, vor dem Europäischen Gerichtshof einen Teilsieg errungen hat, befürchtet die schockierte Stockholmer Regierung, daß ihr auferlegt wird, den Alkohol weit leichter als bislang zugänglich machen zu müssen.Die endgültige Entscheidung fällt jedoch frühestens im kommenden Sommer. Vor drei Jahren hatte der Kaufmann Harry Franzén im südschwedischen Dorf Röstånga in provokatorischer Absicht Wein in seinem Laden feilgeboten, die Polizei setzte dem Treiben vor laufenden Fernsehkameras ein Ende.Die auf dem Fuße folgende Anzeige wegen Verstoßes gegen das Alkoholgesetz kam dem pfiffigen Weinhändler ganz gelegen; denn er wollte nachweisen, daß die Beschränkung des Verkaufs von Bier, Wein und Schnaps auf die staatlichen Monopolläden, zudem nur montags bis freitags und zu immens hohen Preisen, nicht mit den EU-Freihandelsprinzipien im Einklang stehe. Wie von Franzén erwünscht, rief das ratlose Amtsgericht Landskrona den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg an, und dessen Generalanwalt, Michael Elmer, verdammte nun das staatliche Alkoholmonopol Schwedens in weiten Teilen als nicht EU-konform.Der Jurist vertritt die Brüsseler Kommission, dürfte aber als Däne, dessen Landsleute ein lässiges Verhältnis zum Alkohol haben, den puritanischen Nachbarn nicht ungern mehr Liberalität vorschreiben. Daß nun aber zukünftig in Schweden wie in Dänemark - und auf dem Kontinent - Gebrautes, Gekeltertes und Gebranntes in jedem Tante Emma-Laden auf dem Regal stehen sollte, davor will die Stockholmer Regierung ihre Bürger mit aller Macht bewahren.In den Verhandlungen vor dem EU-Beitritt im Jahre 1995 hatte sie mit dem Argument, die schwedischen Restriktionen seien kein Handelshindernis, sondern dienten der Volksgesundheit, einen Freibrief für das staatliche Monopol erreicht; sie belegte das mit Statistiken, wonach der Konsum der Schweden mit seiben Liter reinen Alkohols pro Jahr der niedrigste in Europa sei und ihr Land dadurch wesentlich weniger alkoholbedingte Krankheitsfälle und Unfälle aufweise als andere Länder.Ebenso focht sie nach dem Beitritt durch, daß die großen Freimengen an Alkohol, die andere EU-Bürger aus dem Ausland heimführen dürfen, den Schweden noch lange vorenthalten bleiben sollten. Allerdings ist die vorgezeigte "Nüchternheit" der Nordländer, die auch Politiker gern zur Schau tragen, wahrscheinlich eine statstische Lüge; denn während der Absatz in den Monopolläden seit 1990 ständig sinkt, schleppen die Schweden nicht nur immer mehr aus Duty-Free-Shops heim, sondern das illegale Schnapsbrennen hat geradezu industrielle Ausmaße angenommen.Der EU-Generalanwalt erkennt denn auch das Gesundheitsargument nicht als ausreichende Begründung für die Behauptung eines EU-widrigen Monopols an.Er empfiehlt dem Gerichtshof, dieses in seinem im kommenden Sommer oder Herbst erwarteten Urteil zu verwerfen. Harry Franzén trank auf den richtungweisenden Spruch einen edlen Tropfen.Frohlocken kann er noch nicht.Sozialministerin Margit Wallström konterte: "Von totaler Freigabe des Alkoholverkaufs wird auf keinen Fall die Rede sein.Wir haben Bereitschaftspläne in der Schublade".Danach dürfte zwar das staatliche Monopol fallen, die Abgabe aber nur in einigen lizensierten Kaufläden zugelassen werden - unter strengen Auflagen und zu hohen Preisen.

JÖRGEN DETLEFSEN[STOCKHOLM]

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