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Update

Schwerster Wintersturm seit Jahren: Blizzard „Jonas“ friert die Ostküste der USA ein - mindestens 19 Tote

Der Blizzard "Jonas" hat am Wochenende große Teile der Ostküste in den USA lahmgelegt. Allein in New York fielen 68 Zentimeter Neuschnee. Viele Staaten riefen den Notstand aus.

Beim schwersten Wintersturm seit Jahren sind in den USA mindestens 19 Menschen ums Leben gekommen. 13 von ihnen starben bei Autounfällen in den Bundesstaaten Arkansas, North Carolina, Kentucky, Ohio, Tennessee und Virginia, wie die Behörden am Wochenende mitteilten. Weitere vier Personen wurden in Maryland und in New York beim Schneeschippen getötet. Zwei Menschen starben in Virginia an den Folgen einer Unterkühlung. Entlang der Ostküste brachte der Wintersturm nahezu das gesamte öffentliche Leben zum Erliegen. Viele Staaten riefen den Wetter-Notstand aus. Rund 250.000 Menschen in North Carolina und New Jersey waren zeitweise ohne Strom.

In New York bis zu 68 Zentimeter Neuschnee

Dem Nationalen Wetterdienst zufolge schneite es in den Metropolen Washington und New York so stark wie selten zuvor, wodurch der öffentliche Nahverkehr ganz oder in großen Teilen eingeschränkt war. Allein im New Yorker Central Park türmte sich der Neuschnee am Samstag um Mitternacht auf bis zu 68 Zentimeter. Dies war nur knapp vom bisherigen Rekord aus dem Jahr 2006 entfernt.

Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, rief den Notstand aus und untersagte am Samstag Autofahrten in New York City, Long Island sowie auf Brücken und in Tunneln von und nach New Jersey. Sonntagfrüh wurde das Reiseverbot wieder aufgehoben, der Notstand blieb vorerst bestehen. Die New Yorker Börse teilte mit, sie werde am Montag aber wie gewohnt öffnen.

Schnee-Rekord am internationalen Flughafen Washingston

In Washington, wo ähnlich wie in New York der Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel teilweise eingestellt wurde, war zunächst kaum eine Entspannung zu spüren. In der Hauptstadt fielen 45,2 Zentimeter Schnee. Bürgermeisterin Muriel Browser warb um Freiwillige, die beim Beseitigen der Schneemassen helfen. Am Internationalen Flughafen Baltimore-Washington-Kerb wurde laut dem Nationalen Wetterdienst ein neuer Rekord von 74,2 Zentimetern gemessen. Am meisten Schnee fiel mit fast 107 Zentimetern in Glengarry in West Virginia.

Schneesturm "Jonas" legt das Leben lahm.
Schneesturm "Jonas" legt das Leben lahm.

© dpa/Jim Lo Scalzo

Etwa 3000 Menschen saßen mehr als zwölf Stunden in ihren Fahrzeugen fest

Am Sonntag begannen in vielen Städten langsam die Aufräumarbeiten. Einsatzkräfte nutzten eine Beruhigung der Wetterlage, um zugeschneite Straßen mit Spezialfahrzeugen zu räumen. Von Auto zu Auto arbeiteten sich die Männer und Frauen der Nationalgarde bereits am Samstag durch dichten Schnee hindurch. Auf dem Interstate-Highway 95 im US-Bundesstaat Kentucky hatte sich ein mehr als 50 Kilometer langer Stau gebildet, nachdem einige Trucks dort im Schneetreiben stecken geblieben waren. Etwa 3000 Menschen saßen mehr als zwölf Stunden in ihren Fahrzeugen fest, die Nationalgarde versorgte sie mit Essen, Wasser und auch Benzin. Das Rote Kreuz baute Schutzzelte auf. Und jedes Mal, wenn sich etwas zu bewegen schien, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AP, der selber im Stau feststeckte, „gab es wieder neue Unfälle“. Aber nicht nur auf der Interstate 95 ging gar nichts mehr: Der Blizzard „Jonas“ hat am Wochenende die gesamte Ostküste der USA lahmgelegt.

Von Arkansas bis nach New York erwachten die Amerikaner am Samstagmorgen inmitten von riesigen blitzweißen Schneemassen, Millionen Menschen konnten ihre Häuser nicht verlassen. Hunderttausende waren ohne Strom. Tausende steckten in ihren Autos in den Schneemassen fest. Einen genauen Überblick konnte sich die Polizei zunächst nicht verschaffen. Bis Sonntag galt die Sturmwarnung. Von einem Monstersturm war die Rede.

In den großflächig angelegten US-Wohngebieten verwandelte der Schnee Straßen, Fußwege, Treppeneingänge in einheitliche Flächen. Autos versanken im Schnee. Wege zu Arbeitsplätzen, Supermärkten, Läden, Tankstellen, Sporthallen, Kinos waren unpassierbar. Ohnehin war das öffentliche Leben weitgehend ausgesetzt.

Wetterdienste warnten vor einem historischen Sturm

Seit Tagen hatten die Wetterdienste vor einem historischen Sturm gewarnt, Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser hatte von lebensbedrohlichen Zuständen gesprochen: „So eine Vorhersage hatten wir seit 90 Jahren nicht.“ In Washington könnte „Jonas“ einen Schneerekord aus dem Jahr 1922 brechen.

In Virginia, Maryland und Washington machten die öffentlichen Schulen schon am Freitag dicht. Die Regierung in Washington schickte um die Mittagszeit alle Mitarbeiter nach Hause. Sport- und Kulturveranstaltungen wurden abgesagt. Die Verkehrsbetriebe der Hauptstadt stellten den Betrieb um 17 Uhr ein, keine Metro, kein Bus fuhr seitdem mehr. Der Stillstand galt das ganze Wochenende. Auch Philadelphia stoppte den Nahverkehr weitgehend. Die Stadt gab „Code blue“ aus: Jeder, der einen Obdachlose sehe, solle die Polizei rufen, damit diese die Betroffenen in Notunterkünfte bringen kann. Bis auf Notfall-Einrichtungen und Versorgungsbetriebe blieb in Washington und in vielen anderen Städten alles geschlossen. Die meisten Menschen hatten sich mit Vorräten für mehrere Tage eingedeckt und sich in ihre Häuser zurückgezogen.

Fußgänger auf der Brooklyn Bridge in New York
Fußgänger auf der Brooklyn Bridge in New York

© dpa/EPA/John Taggart

Die Vorhersagen für New York City waren zuvor vage geblieben, aber auch hier brachte „Jonas“ Winterchaos. Am Samstagnachmittag forderte Bürgermeister Bill de Blasio alle Restaurantbesitzer und Veranstalter auf, ihre Häuser dicht zu machen. Ab 14.30 Uhr galt ein Fahrverbot auf allen Straßen. Der Busverkehr wurde eingestellt, einige U-Bahnlinien fuhren ebenfalls nicht mehr.

Am Freitag hatte es begonnen. Von Süden hatte Blizzard „Jonas“ sich nach Norden vorgeschoben und die US-Ostküste bis nach New York mit Schneemassen überzogen. Die Bundesstaaten Georgia, Tennessee, Pennsylvania, Maryland, Kentucky, North Carolina, New Jersey, New York, Delaware, Virginia, West Virginia und dazu die Hauptstadt Washington riefen den Notstand aus. 10.000 Flüge wurden gestrichen, die Flughäfen in Virginia, Washington, Maryland und Philadelphia stellten den Flugverkehr ein. Insgesamt leben im betroffenen Gebiet 85 Millionen Menschen, mehr als ein Viertel der US-Bevölkerung.

Die gravierendsten Auswirkungen hatte „Jonas“ zunächst in den südlicheren Bundesstaaten. In Virginia zählte die Polizei bis zum frühen Samstagmorgen tausend Verkehrsunfälle und fast noch einmal so viele steckengebliebene Fahrzeuge, genauso wie in Kentucky. In North und South Carolina fiel vielerorts der Strom aus, 150.000 Menschen waren ohne elektrische Versorgung. Stromausfälle gab es auch in New Jersey und in zehn weiteren Bundesstaaten.

Mindestens 19 Menschen starben durch das Wetter. 13 von ihnen starben bei Autounfällen in den Bundesstaaten Arkansas, North Carolina, Kentucky, Ohio, Tennessee und Virginia, wie die zuständigen Behörden am Wochenende mitteilten. Weitere vier Menschen wurden beim Schnee schippen getötet. Zwei Menschen starben in Virginia an den Folgen einer Unterkühlung.

Land unter. Der heftige Schneesturm brachte an der Ostküste der USA auch Überschwemmungen wie hier in Cape May, New Jersey.
Land unter. Der heftige Schneesturm brachte an der Ostküste der USA auch Überschwemmungen wie hier in Cape May, New Jersey.

© AFP

Der Höhepunkt des Sturms war Samstagnachmittag noch nicht erreicht

Der Höhepunkt des Sturms war bis Samstagnachmittag noch gar nicht erreicht. Meteorologen zufolge sollte „Jonas“ „explodieren“, sobald er mit den wärmeren Wassermassen des Atlantik zusammentreffe. Allen voran die Küstengebiete rechneten mit Stürmen und Zerstörungen. Flutungen, größer als durch Hurrican „Sandy“, wurden befürchtet. „Wir haben das Gröbste noch nicht geschafft“, sagte der Notfall-Manager von Baltimore, Robert Maloney, „wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte angelangt“. In New Jersey gab es schon gegen Mittag Überschwemmungen.

Blizzard-Tipps und Blizzard-Witze machten seit Tagen die Runde. Wovor solle er sich mehr fürchten, hatte ein Nutzer auf einer im Netz eingerichteten Informationsseite gefragt: „Vor Jonas, dem Börsengeschehen oder Trump?“ Die Antwort lautete: „Sarah Palin“. (mit AFP, Reuters)

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