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In Ungnade. König Juan Carlos (von links), die entfremdete Königin Sofia, der wütende Kronprinz Felipe mit seiner Frau, Prinzessin Letizia, über deren Zustand schon lange spekuliert wird, die geschiedene Infantin Elena, die mit ihrer nebenstehenden Schwester Cristina nicht mehr spricht, und der wegen Betrugs angeklagte Schwiegersohn Inaki Urdangarin.

© picture alliance / dpa

Schwiegersohn wird angeklagt: Die spanische Monarchie wankt

Juan Carlos’ Schwiegersohn muss vor den Richter. Das Image der Königsfamilie ist auf einem Tiefpunkt. Viele Spanier wollen sie loswerden.

Nun ist es amtlich. Der königliche Schwiegersohn Inaki Urdangarin, Ehemann von Prinzessin Cristina, wird von einem Untersuchungsrichter auf Mallorca wegen Betruges und der Steuerhinterziehung angeklagt. König Juan Carlos hatte Urdangarin bereits Mitte Dezember wegen „nicht beispielhaften“ Benehmens aus der Königsfamilie geworfen und mitgeteilt, dass dieser vorerst nicht mehr an offiziellen Aktivitäten des Königshauses teilnehmen werde. Dies ist die schlimmste Krise der spanischen Monarchie seit dem gescheiterten Putsch des Militärs im Jahr 1981.

Anfang Februar 2012 muss Urdangarin, der mit Frau und vier Kindern derzeit in weiter Entfernung im amerikanischen Washington lebt, vor dem Untersuchungsrichter in Palma de Mallorca aussagen. Sollte er nicht vor dem Richter erscheinen, muss er mit seiner Festnahme rechnen. Juan Carlos ließ kurz und spürbar verbittert mitteilen, er „respektiere“ das Vorgehen der Justiz. Urdangarin erklärte hingegen kühl über seinen Anwalt: Er sei „völlig unschuldig“.

Der König hatte in seiner Weihnachtsansprache seinen Schwiegersohn, der 1997 Prinzessin Cristina geheiratet hatte, heftig zusammengestaucht. „Alle, besonders die Personen mit öffentlicher Verantwortung, haben die Pflicht, sich angemessen und beispielhaft zu verhalten. Jegliches tadelnswertes Vorgehen wird gemäß dem Gesetz beurteilt und bestraft. Das Recht gilt für alle in gleicher Weise.” Das Land könne von seinen Amtsträgern „Korrektheit, Ernsthaftigkeit und beispielhaftes Benehmen“ erwarten. Die Ermittler, die auf 2000 Aktenseiten Belastungsmaterial zusammengetragen haben, werfen Urdangarin Betrug, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Steuerhinterziehung, Dokumentenfälschung und Rechtsbeugung vor. Der smarte Ex-Spitzensportler, der früher in Spaniens Handball-Nationalteam stand, soll im Zusammenspiel mit korrupten Politikern und Beamten mehrere Millionen Euro an Steuergeldern ergaunert haben. Und zwar als Vorsitzender eines „gemeinnützigen Vereins“, der laut Untersuchung nicht dem Gemeinwohl, sondern allein dem Wohlergehen des zum Herzog von Palma Geadelten diente.

Die kursierenden Gerüchte machen der Familie zu schaffen

Der mutmaßliche Trick des Vereins „Noos“, als dessen Vorsitzender Urdangarin von 2004 bis 2006 firmierte, war eine altbekannte Betrugsmasche. Urdangarin soll demnach für öffentliche Aufträge der Regierung der Baleareninseln, zu denen auch Mallorca gehört, völlig aufgeblähte Rechnungen geschrieben und zudem Einnahmen am Fiskus vorbeigelenkt haben. So kassierte er für die Organisation von zwei Kongressen zum Thema „Tourismus und Sport“ üppige 2,3 Millionen Euro an Honorar. Ähnliche Geschäfte machte Urdangarin, der mit einem ebenfalls beschuldigten Partner arbeitete, in der Urlaubsregion Valencia.

Regierungschef auf den Baleareninseln war zu dieser Zeit der prominente konservative Politiker Jaume Matas, dem in einem anderen Ermittlungsverfahren vorgeworfen wird, auf den Urlaubsinseln im Mittelmeer Millionen an Staatsgeldern unterschlagen zu haben. In der Region Valencia, zu der die beliebte Costa Blanca gehört, muss sich ebenfalls der damals dort amtierende konservative Ministerpräsident Francisco Camps wegen Korruption vor Gericht verantworten.

Die Schwiegersohn-Affäre hat Spaniens König Juan Carlos in große Schwierigkeiten gebracht. Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der spanischen Königsfamilie von der Justiz beschuldigt wird und demnächst auf der Anklagebank sitzen wird. Der Skandal kam zu einer Zeit ans Tageslicht, in der die Monarchie ohnehin von immer mehr Spaniern grundsätzlich infrage gestellt wird. Alles deutet darauf hin, dass Urdangarin, dessen fragwürdiges Treiben dem König offenbar schon seit Jahren bekannt ist, das Image des Hofes weiter trübt.

Schwer zu schaffen machen der Königsfamilie darüber hinaus Gerüchte, die im Land kursieren. So soll die Familie immer mehr auseinanderfallen. Als erstes Indiz gilt die Scheidung von Infantin Elena. Sie und ihre Schwester Cristina reden außerdem angeblich nicht mehr miteinander. Über den seelischen und körperlichen Zustand von Letizia wird seit langem spekuliert. Auch das Königspaar selber, also Juan Carlos und Sofia, soll mehr Zeit getrennt als gemeinsam verbringen.

Das Ansehen des spanischen Königshauses ist angekratzt

Thronfolger Felipe sei sehr wütend auf seinen Schwager, heißt es, weil der mit der Betrugsaffäre das ganze Königshaus in Misskredit gebracht hat und einen düsteren Schatten auf die Zukunft des Thronfolgers werfe. Glaubt man den offiziellen Umfragen, dann ist das Königshaus heute nicht mehr wie früher die angesehenste Institution Spaniens, sondern rutschte hinter den Streitkräften und Spaniens Medien auf den dritten Platz. Vor allem in Spaniens junger Generation, die Juan Carlos’ wichtige Rolle beim Übergang von der Franco-Diktatur zur Demokratie im Jahr 1975 nicht mehr in Erinnerung hat, wächst die Abneigung gegen die Monarchie. In gleicher Weise mehren sich die Rufe nach einem frei gewählten Staatsoberhaupt.

Gerade erst hatte der König versucht, den Anti-Monarchisten den Wind aus den Segeln zu nehmen und erstmals einen kleinen Blick in sein Portemonnaie gestattet. Demnach bekommt Juan Carlos vom Staat rund 140 000 Euro als Gehalt im Jahr und weitere 150 000 Euro an Repräsentationskosten. Dies klingt eher nach einem genügsamen Monarchen, es ist aber nur die halbe Wahrheit: Die in vielen staatlichen Töpfen versteckten Gesamtaufwendungen der Untertanen für ihre Majestät werden auf weit über 60 Millionen Euro im Jahr geschätzt.

In diesem Zusammenhang berichten spanische Medien, dass die gesamte Königsfamilie und damit ebenfalls der in Ungnade gefallene Schwiegersohn mit Spaniens Airline Iberia offenbar auf ihren zahlreichen Privatreisen unentgeltlich durch die Welt jettet – in der ersten Klasse natürlich. Derartige Gratisflüge für staatliche Repräsentanten gelten in anderen Ländern als anrüchig und haben dort schon „Flugaffären“ sowie Rücktritte ausgelöst. Auch dies kommt im kriselnden Königreich, in dem fünf Millionen Menschen ohne Job sind und sehr viel mehr sich in der gegenwärtigen Krise keinen Urlaub leisten können, nicht gut an.

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