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prop 8

© dpa

Schwulenehe: Am Pranger

Gegner der Schwulenehe werden in Kalifornien in die Öffentlichkeit gezerrt. Eine Website gibt Einblick, ob der Nachbar Geld für die sogenannte "Proposition 8“ gespendet hat, das erfolgreiche Referendum gegen die gleichgeschlechtliche Ehe.

Mit Google Maps lässt sich das tödliche Buschfeuer in Australien verfolgen, lassen sich Liebschaften anbandeln und herausfinden, wo sich gerade das verschickte Paket für Tante Trude befindet.

Nun steuert eine kalifornische Website weitere Erkenntnis bei: ob nämlich der Nachbar auch Geld für die sogenannte „Proposition 8“ gespendet hat, das erfolgreiche Referendum gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Darüber war im November abgestimmt worden. Möglich macht dies ein „Mashup“ und ein Gesetz in Kalifornien, demzufolge politisch motivierte Spenden ebenso veröffentlicht werden wie auch die Spendenhöhe und der Name des Spenders. Was politische Spenden einst transparenter machen sollte, kann nun im Internet-Zeitalter zum digitalen Pranger umfunktioniert werden.

Denn der Betreiber von eightmaps.com hat die Funktionalität von Google Maps mit diesen persönlichen Daten kombiniert. Er hat sie zu einem „Mashup“ (Collage) zusammengemixt. Bislang sind auf eightmaps nur die Städte San Francisco und Salt Lake City und der Landkreis Orange County nahe Los Angeles aufgeführt, aber die Karte wird ständig erweitert. Noch peinlicher: Auch im Castro-Viertel, der Schwulenhochburg in San Francisco, finden sich Geldgeber gegen die Schwulenehe.

Nach ihrer Niederlage – gleichgeschlechtliche Ehen sind seit dem 5.November in Kalifornien verboten – haben einige Befürworter einen Rachefeldzug gestartet. Das sagen die Spender, die bereits eine Klage in Erwägung ziehen.

Aber die Initiatoren dürfen nicht mit der ganzen Schwulenbewegung gleichgesetzt werden. Der Aufschrei ist freilich groß bei den finanziellen Unterstützern des siegreichen Revisionsvorhabens. Nicht nur wissen nun Familie, Freunde und Arbeitskollegen über deren Gesinnung, die Lokalisierung hat bereits zu anonymen Todesdrohungen und Briefen mit weißem Pulver geführt.

Joseph Clare, ein Buchhalter in San Francisco, klagte gegenüber der „New York Times“, dass er nun hasserfüllte E-Mails erhalte, weil er 500 Dollar für „Prop 8“, wie es abgekürzt heißt, gespendet hatte. „Ich denke nicht, dass es richtig ist, auf diese Art Leute zu identifizieren.“ Auch viele Bürgerrechtler stimmen ihm zu und fragen, ob die Transparenz einer Regierung kombiniert mit dem Internet nicht mit den Interessen der Bürger kollidiert und deren Recht auf Privatheit verletzt. Ist eine Spende bereits eine aktive politische Beteiligung, so dass diese Bürger öffentlich dafür geradestehen müssen? Ursprünglich war das Gesetz dafür gedacht, Transparenz in die Lobby-Arbeit bei politischen Kampagnen zu bringen. In diesem Fall wendet sich die Transparenz allerdings gegen nicht öffentliche Personen.

„Ist das eine Hexenjagd? Nein. Ist es gemein? Vielleicht, ein bisschen“. So kommentierte die alternative Website „sfist“ die Veröffentlichung. Und fragt gleichzeitig: „Aber haben die 36 000 Menschen, deren Ehen jetzt auf der Kippe stehen, nicht das Recht zu erfahren, welche Nachbarn ihre Scheidung herbeiführen wollen?“ Diskutiert wird nun, die Veröffentlichungspflicht zu ändern und Kleinspender davon auszunehmen. Eine andere Option könnte sein, nur die Daten an Menschen herauszugeben, die sich auch selbst identifizieren.

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