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Nach dem Anschlag bewachen Polizisten mit Maschinengewehren das Schulgelände.

© dapd

Update

Serie von Hass-Verbrechen: Sarkozy ruft höchste Terrorwarnstufe für Großraum Toulouse aus

Erst kürzlich wurde ein Fallschirmjäger von einem Motorroller-Fahrer erschossen. Nun gab es vor einer jüdischen Schule eine Schießerei. Vier Menschen wurden getötet. Zwischen den Fällen gibt es Verbindungen.

Eine „nationale Tragödie“: Präsident Nicolas Sarkozy sprach aus, was viele Franzosen empfanden, als sie am Montagmorgen von dem Überfall auf eine jüdische Schule in der südfranzösischen Stadt Toulouse erfuhren, bei dem ein Erwachsener und drei Kinder den Tod fanden und ein Jugendlicher schwer verletzt wurde. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte am Abend die Terrorwarnstufe in der Region auf das höchste Gefährdungsniveau angehoben. Es handele sich um den schlimmsten Angriff auf eine Schule in Frankreich überhaupt.

Es ist das erste Mal seit der Schießerei vor 30 Jahren in der Rue des Rosiers in Paris, dass auf Juden in Frankreich gezielt eine Gewalttat verübt wurde. Mit der gleichen Waffe waren in der vergangenen Woche in derselben Gegend zwei Attentate auf vier Soldaten verübt worden. Die für die Verfolgung von Terrorakten zuständige Pariser Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen Mordes und versuchten Mordes im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung ein.

Der Überfall auf die Schule in Toulouse ereignete sich am Montagmorgen. Ein Unbekannter fuhr auf einem Motorroller vor dem Kolleg Ozar-Hatorah in einem im Norden der Stadt gelegenen Wohnviertel vor, stieg von seinem Fahrzeug ab und schoss wahllos mit einer Pistole auf die am Eingang wartenden Erwachsenen und Kinder. Einige von ihnen, die sich in die Schule zu retten versuchten, habe er bis in das Innere des Gebäudes verfolgt und dort mit einer anderen Waffe auf sie geschossen. Im Kugelhagel starben ein 30-jähriger Hebräischlehrer und seine beiden Söhne im Alter von drei und sechs Jahren sowie ein Kind im Alter von zehn Jahren. Mehrere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Nach Angaben des Toulouser Staatsanwalts Michel Valet benutzte der Täter zwei Waffen, erst eine Neun-Millimeter- Pistole und dann nach einer Ladehemmung eine Pistole vom Kaliber 11,34 Millimeter. Nach Zeugenaussagen trug er einen Schutzhelm mit dunklem Visier und flüchtete nach der Tat auf seinem dunkelfarbigen Motorroller. Das Viertel wurde sofort von der Polizei abgeriegelt.

Vermutungen über ein rassistisches Tatmotiv werden laut

Trauer und Entsetzen in Toulouse. Vier Menschen starben am Montagvormittag vor einer jüdischen Schule.
Trauer und Entsetzen in Toulouse. Vier Menschen starben am Montagvormittag vor einer jüdischen Schule.

© AFP

Präsident Sarkozy begab sich nach Bekanntwerden der Tat sofort in Begleitung des Präsidenten des Rats der jüdischen Institutionen Frankreichs (Crif), Richard Pasquier, nach Toulouse. Für diesen Dienstag ordnete er eine Schweigeminute in allen Schulen Frankreichs an. Als „Barbarei“ bezeichnete die Konferenz der Rabbiner Europas die Tat. Die jüdische Gemeinschaft werde sich dadurch nicht einschüchtern lassen. Der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande unterbrach wie Sarkozy seinen Wahlkampf und reiste ebenfalls sofort zum Tatort. Wie der Präsidentschaftskandidat der Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, drückte auch die Kandidatin der Nationalen Front, Marine Le Pen, den Familien der Opfer ihr „aufrichtiges Mitgefühl“ aus.

Der Tathergang und die verwendete Waffe haben Vermutungen über einen Zusammenhang des Überfalls auf die jüdische Schule mit den Anschlägen der vergangenen Woche aufkommen lassen, bei denen am 11. März in Toulouse ein Fallschirmjäger und am 16. März in Montauban drei weitere Fallschirmjäger ermordet und ein vierter schwer verletzt worden waren. In allen Fällen war der Täter auf einem dunkelfarbigen Motorroller vorgefahren. Seine Opfer hatte er durch Kopfschüsse getötet und war dann unerkannt entkommen. Eine Zeugin gab an, sie habe in seinem Gesicht eine Narbe oder eine Tätowierung gesehen.

Die Ermittler teilten am Montag mit, dass die insgesamt 17 Schüsse auf die Soldaten aus derselben 11,34-Waffe abgefeuert wurden, mit welcher der Lehrer und die Kinder in Toulouse erschossen wurden. Die Tatsache, dass zwei der getöteten Soldaten nordafrikanischer Herkunft und der dritte ein Franzose dunkler Hautfarbe von der Antilleninsel Guadeloupe ist, hatte Vermutungen über ein möglicherweise rassistisches Tatmotiv aufkommen lassen. Der Toulouser Staatsanwalt hatte dazu gesagt: „Es handelt sich um französische Staatsbürger; mehr ist dazu nicht zu sagen.“

Sarkozy hat am Abend für die betroffene Region den Anti-Terrorismus-Plan Vigipirate aktiviert. Alle jüdischen und muslimischen Einrichtungen werden besonders gesichert, betonte Sarkozy am Montagabend nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts im Elysée. Nach Angaben von Sarkozy handelt es sich beim Täter um denselben, der in den Tagen zuvor zwei Anschläge auf Soldaten verübt hatte. „Jedes Mal wenn dieser Mann in Aktion tritt, handelt er um zu töten. Er lässt seinen Opfern keine Chance“, betonte Sarkozy. Ein antisemitisches Motiv sei wahrscheinlich, der Mann sei gefährlich und müsse schnellstens gefasst werden. Sarkozy will seinen Wahlkampf bis Mittwoch aussetzen. (mit dpa/dapd)

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