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Bergungsarbeiten an der "Sewol".

© Reuters

"Sewol": 48 tote Mädchen in einer Kabine entdeckt

Taucher haben in der gesunkenen "Sewol" dutzende tote Schülerinnen in einer einzigen Kabine entdeckt. Außerdem geben die Behörden zu, falsche Leichen an Familien übergeben zu haben.

Allein in einem Schlafsaal der gesunkenen "Sewol" fanden Taucher 48 tote Schülerinnen, wie der Einsatzleiter sagte. Im Wettlauf mit einem herannahenden Sturm haben Taucher am Freitag weiter zahlreiche Leichen aus der vor Südkorea verunglückten Fähre geborgen. Die Zahl der bestätigten Opfer stieg auf 183, doch wurden noch 119 Passagiere vermisst. Er habe „keine Ahnung“ wie lange der Bergungseinsatz noch dauern werde, räumte der Einsatzleiter ein. Die Küstenwache geht davon aus, dass schlechtes Wetter die Bergungsarbeiten am Wochenende weiter erschwert. Ab Samstag werde mit „deutlich schlechterem“ Wetter und stärkeren Strömungen gerechnet, sagte ein Sprecher. Die Fähre „Sewol“ war am Mittwoch vergangener Woche auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und später gesunken. 174 Insassen wurden gerettet, darunter der Kapitän und zwei Drittel seiner Besatzung.

Taucher können nur zehn Minuten am Stück im Wrack bleiben

Trotz guten Wetters und nur schwacher Strömung konnten die Taucher im Schnitt bisher nur 30 Leichen pro Tag aus dem Wrack ziehen. Der Marineoffizier Kim Jin Hwang, der den Einsatz zur Bergung der Leichen leitete, verteidigte am Freitag seine Mitarbeiter gegen Kritik von Angehörigen. Die Bergung der Leichen aus dem Wrack sei viel schwieriger, als sie zu finden, sagte Kim. Die Taucher könnten kaum länger als zehn Minuten am Stück im Wrack bleiben, viele Zugänge seien durch Trümmer versperrt. Nur ein Drittel der Räume sei bisher durchsucht worden, sagte der Offizier. „Es ist sehr aufreibend“, sagte Kim. Die Taucher seien sich der Kritik sehr wohl bewusst.

Angehörige zerren Verantwortliche auf den Boden und zwingen sie, Vorwürfe anzuhören

Der Ärger der Angehörigen der weiterhin vermissten Opfer brach sich am Donnerstagabend auch gewaltsam Bahn, als wütende Eltern in das Büro des Vizekommandeurs der Küstenwache, Choi Sang Hwan, auf der Insel Jindo eindrangen und ihn zum Hafen zerrten. Choi wurde gezwungen, zusammen mit dem Kommandeur der Küstenwache und dem Fischereiminister den Großteil der Nacht am Hafen auf dem Boden zu sitzen, während die Angehörigen ihnen Vorwürfe machten.

Die Angehörigen warfen ihnen vor, sie über die Rettungs- und Bergungsbemühungen von Anfang an belogen zu haben. Viele Eltern glauben, dass ihre Kinder zunächst in Lufteinschlüssen überlebt haben und noch am Leben sein könnten, hätten die Bergungsarbeiten nicht so lange gedauert. Bis die Taucher zu den ersten Leichen vordrangen, vergingen vier Tage.

Leichen an falsche Familien übergeben

Die Behörden haben inzwischen zugegeben, dass in Einzelfällen Leichen an falsche Familien übergeben worden sind.

Wäscheservice und Hilfspakete - Südkoreaner unterstützen die Hinterbliebenen

Es sind viele kleine Gesten gegen die Ohnmacht und den Schmerz: Südkoreaner schicken Pakete, kochen Essen und bieten kostenlose Taxifahrten an, um den verzweifelten Eltern zu helfen, die bei dem Fährunglück in der vergangenen Woche ihre Kinder verloren haben. Die Angehörigen warten in einer Turnhalle auf der Insel Jindo auf die Bergung der Leichen. Während Unternehmen und Prominente wie die Eiskünstläuferin Kim Yu Na die Rettungs- und Bergungsarbeiten vor der Küste mit Geldspenden unterstützen, helfen tausende einfache Südkoreaner ganz konkret.

Lee Won Hong betreibt eine kleine Wäscherei in der Stadt Jeonju im Süden des Landes. Als er im Fernsehen die trauernden Angehörigen sah, die in der zur Notunterkunft umfunktionierten Turnhalle auf dem Fußboden campieren, zögerte der 47-Jährige nicht lange. „Es hat mir das Herz gebrochen, nur darüber nachzudenken, was die Eltern durchmachen“, sagt der Familienvater. Er packte mehrere kleine Waschmaschinen auf einen Laster und fuhr nach Jindo, wo er nun einen Wäscheservice für die Angehörigen anbietet.

200.000 Pakete

Seit dem Unglück sind auf Jindo, wo die Rettungsaktion koordiniert wird, mehr als 200.000 Pakete mit Lebensmitteln, Kleidung und Hygieneartikeln eingetroffen. In der Turnhalle, in der die Angehörigen untergebracht sind, kochen freiwillige Helfer Essen, waschen Wäsche, putzen Klos und bieten den trauernden Familien auch psychologische Hilfe an. Auch dutzende Taxifahrer aus der Stadt Ansan haben sich auf den Weg nach Jindo gemacht. An Bord der Unglücksfähre befanden sich 352 Schüler und rund ein Dutzend Lehrer der Danwon-Schule in Ansan, die zu einem Schulausflug wollten. Nur 75 der Jugendlichen überlebten das Unglück. Tag für Tag ziehen die Taucher die Leichen weiterer Kinder aus dem Wrack. Nach der Identifizierung bieten die Taxifahrer den Eltern an, sie die mehr als 300 Kilometer nach Hause zu fahren. „Ich habe auf der Fahrt von Ansan hierher die ganze Zeit geweint“, sagt einer der Fahrer dem Fernsehsender YTN. „Ich fühle mich schlecht, dass das hier das einzige ist, was ich für sie tun kann.“ (AFP)

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