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Eliot Spitzer

© AFP

Sex-Affäre: Kunde Nr. 9

New Yorks Gouverneur Eliot Spitzer hat sich Sex gekauft. Das ganze Land spekuliert nun über den Zeitpunkt seines Rücktritts. Indirekt schadet das auch Hillary Clinton.

Ein so klarer Fall von Doppelmoral verlangt wohl überall in der westlichen Welt nach politischer Strafe. Aber zugleich zeigt er die Bessenheit der USA beim Thema Sex und Politik. Der Demokrat Eliot Spitzer war 2006 vor allem dank eines Versprechens Gouverneur von New York geworden: Er werde mit der Prostitution sowie fragwürdigen finanziellen Machenschaften aufräumen und das Vertrauen in die Politik wiederherstellen. Für die Wirtschaftsbosse der Wall Street, die wegen ihrer hohen Gehälter in der Kritik standen, klang es wie eine Drohung. Nun kam heraus: Spitzer hat sich mit Prostituierten eingelassen. Eine Dame aus New York bestellte er sich vorausschauend für den Abend des 13. Februar in sein Zimmer im „Mayflower“-Hotel Washington; am nächsten Morgen sollte er vor einem Kongressausschuss Auskunft über die Sicherung öffentlicher Anleihen geben. 4300 Dollar zahlte er für die Dienste, die Bahnreise der Dame und eine Anzahlung auf’s nächste Mal.

An der Wall Street herrscht Schadenfreude, ganz Amerika spekuliert, wie lange es wohl noch bis zu Spitzers Rücktritt dauert. Dann würde Vizegouverneur David Paterson, ein blinder Afroamerikaner, aufrücken. Er wäre der erste Schwarze an der Spitze des Staates New York. Die Affäre schadet auch Hillary Clinton, der Senatorin von New York. Spitzer unterstützt ihre Präsidentschaftskandidatur.

Die US-Medien kennen seit Montagabend nur noch dieses Thema. TV-Sender wiederholen anzügliche Details und entschuldigen das scheinheilig: Immerhin gehe es womöglich um eine Straftat nach den Bundesgesetzen. Bisher ist das nicht der Fall. Prostitution und die Inanspruchnahme käuflichen Sexes ist zwar verboten in den USA, aber nur ein Vergehen, das mit Geldstrafe geahndet wird.

Offiziell taucht Spitzers Name in den Ermittlungsakten, Haftbefehlen und Klageschriften nicht auf. Dort ist nur anonym von „Kunde Nr. 9“ die Rede. Seine Verwicklung kam heraus, weil das FBI gegen den „Begleitservice“ Emperor’s Club wegen des Verdachts der Geldwäsche vorging und dabei Telefonate mitschnitt.

In den Dienstag-Zeitungen konnte man die Details auf den Titelseiten nachlesen. Das Rendez-vous in Washington fiel ausgerechnet auf „Valentine’s day“. Fast wäre es ausgefallen, da die vereinbarte Zahlung nicht rechtzeitig beim Vermittler eingegangen war. Dann kam das Päckchen Bargeld doch noch. Kristen, laut Ermittlungsakten eine „sehr hübsche Brünette, 160 cm groß, 47,5 Kilo“ saß bereits im Abendzug nach Washington. Spitzer hatte sich unter dem Namen eines seiner Wahlkampfspender, George Fox, in Zimmer 871 des Hotels „Mayflower“ eingebucht.

Aus weiteren mitgeschnittenen Telefonaten geht hervor, dass andere Prostituierte den Kunden als „schwierig“ bezeichnet hatten und er von ihnen „Praktiken, die nicht als safe sex gelten,“ verlangt habe. Laut Kristen verlief ihr Treffen gut. Es habe zwei statt der bestellten vier Stunden gedauert, sie habe eine Vorauszahlung für die nächste Begegnung erhalten. Aus den Umständen konstruieren Rechtsexperten zwei mögliche Straftaten: Das Verbringen einer Prostituierten über inneramerikanische Staatsgrenzen könne als Beteiligung an Menschenhandel gewertet werden. Und die Absprachen über die Barzahlungen als „Verdunkelung einer Finanztransaktion“.

Am Montagabend trat Spitzer in New York mit seiner Frau Silda und Mutter ihrer gemeinsamen drei Töchter vor die Kameras. Er entschuldigte sich „zuerst und vor allem bei meiner Familie“, dann auch bei der Öffentlichkeit, dass er sie enttäuscht habe. Nun brauche er „Zeit, um das verlorene Vertrauen meiner Familie zurückzugewinnen“. Er deutete keine Bereitschaft zum Rücktritt an und sagte auch nicht, was genau er getan habe und heute bedauere.

Für seine Frau Silda seien diese gemeinsamen 67 Sekunden vor den Kameras wohl schlimmer gewesen als alles, was er auch immer verlangt haben mag, für die Prostituierten, schreibt die „Washington Post“ und spottet dann: Indem er eine Dame aus New York nach Washington holte, habe er sein Versprechen erfüllt, der heimischen Wirtschaft zu helfen.

In jüngerer Zeit gab es mehrere Sexskandale, meist bei den Republikanern. Senator Larry Craig aus Idaho war im Juni 2007 auf der Flughafentoilette Minneapolis bei homosexuellen Anbahnungsversuchen ertappt worden. Der Wunschpartner war jedoch ein ziviler Ermittler. Der Abgeordnete Mark Foley aus Florida hatte minderjährigen Kongresspraktikanten anzügliche Emails geschickt und musste im Herbst 2006 kurz vor der Kongresswahl zurücktreten. US-Vizeaußenminister Randall Tobias, zuständig für weltweite Anti-Aids-Programme trat im Sommer 2007 zurück. Sein Name stand in der Kundenkartei des Callgirlrings der „DC Madame“ Deborah Palfrey.

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