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Panorama: Sie sah aus wie ein Engel und war ohne Gnade

Die Krankenschwestern, der Mord und die RüstungsaufträgeVON ANDREAS OSWALDDas Foto zeigt ein engelsgleiches Wesen.Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Öffentlichkeit erfährt, was sich wirklich hinter dem Mord an Ivonne Gilbert verbirgt.

Von Andreas Oswald

Die Krankenschwestern, der Mord und die RüstungsaufträgeVON ANDREAS OSWALDDas Foto zeigt ein engelsgleiches Wesen.Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Öffentlichkeit erfährt, was sich wirklich hinter dem Mord an Ivonne Gilbert verbirgt.Es ist nicht einfach, das Nachrichtendickicht zu entwirren.Zwei britische Krankenschwestern, Deborah Parry (41) und Lucille McLaughlan (31), wurden in Saudi-Arabien schuldig gesprochen, ihre australische Kollegin Ivonne Gilbert vom König-Fahd-Militärkrankenhaus im Streit um eine zerbrochene lesbische Beziehung ermordet zu haben.Parry wurde zum Tode, McLaughlan zu 500 Peitschenhieben verurteilt. Beide Frauen bestreiten die Tat.Sie haben gesagt, ihre Geständnisse, in denen es auch um die angebliche lesbische Beziehung ging, seien aus ihnen herausgepreßt worden.Eine solche Beziehung habe niemals existiert.Immer klarer wird inzwischen, woher die Berichte um eine angeblich lesbische Beziehung kommen.Klarer wird aber auch, was möglicherweise wirklich hinter dem Tod der Australierin steht und mit lesbischen Beziehungen nichts zu tun hat.Der Londoner "Independent" zitierte gestern ausführlich eine Zeugin, die auch in dem Krankenhaus arbeitete.Jacqueline Taylor beschrieb demnach, daß die Ermordete an Kolleginnen Kredite vergab, die sie mit einem Zins von 25 Prozent im Monat belegte.Blieben Schuldnerinnen mit Zahlungen im Rückstand, wurden sie von einer angeheuerten Gruppe von Kampfsportlern zusammengeschlagen.Die Zeugin berichtet, einer Kollegin seien drei Rippen gebrochen worden.Außerdem hätten die Männer ihr die Schulter ausgerenkt.Als ihr Sohn, der eine Karateausbildung absolviert hat, sie in Saudi-Arabien besucht habe, sei ihm von den Schuldeneintreibern angeboten worden, sich an Aktionen zu beteiligen.Dies habe er abgelehnt.Die Zeugin sagte, niemand sei erstaunt gewesen, daß die Frau ermordet wurde.Laut "Independent" wurde dieser Teil der Aussage bei der Urteilsfindung nicht gewürdigt.Gewürdigt wurde nur der andere Teil, nach der "allgemein bekannt" gewesen sei, daß Ivonne Gilbert lesbisch gewesen sei. Irritiert hat die Meldung, nach der britische Rüstungsfirmen "Blutgeld" an den Bruder der Ermordeten gezahlt haben.Nach islamischem Recht kann ein Verurteilter seiner Strafe entgehen, wenn eine hohe Summe an die direkten Angehörigen des Opfers gezahlt wird.Bei drohender Hinrichtung und Auspeitschung wäre die britische Regierung verpflichtet, öffentlich dagegen Stellung zu beziehen.Dies hätte die Beziehungen mit Saudi-Arabien gefährdet sowie die Aufträge der Saudis an die britische Rüstungsindustrie in Höhe von 20 Milliarden Pfund.Daher kam die Londoner Regierung mit der Rüstungsindustrie auf die Idee, daß letztere die Summe für das "Blutgeld" zur Verfügung stellt.Ausgestanden ist der Fall nicht.Die Krankenschwestern haben das "Blutgeld" mit einer Bedingung verknüpft: Der Bruder der Ermordeten muß öffentlich erklären, daß seine Schwester nicht lesbisch gewesen sei.

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