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Panorama: Sieben Steine gegen den Teufel

Millionen Muslime, 600 000 Schafe und 66 000 Helfer – die Pilgerfahrt nach Mekka ist der größte Event der Welt

Es ist die letzte Station der muslimischen Pilgerfahrt: Im Mina-Tal bei Mekka in Saudi-Arabien stellten sich am Dienstag etwa zwei Millionen Muslime an, um drei riesige Betonsäulen mit jeweils sieben kleinen Steinen zu bewerfen. Es ist die symbolische Steinigung des Teufels an genau der Stelle, wo dieser dem Propheten Abraham erschienen sein soll. Die Muslime verehren Abraham als Stammvater des Propheten Mohammed. Die Steinigung markiert den Beginn des Opferfestes (Eid al Adha), das in der islamischen Welt von Dienstag bis einschließlich Donnerstag gefeiert wird.

Auch in diesem Jahr ist die Pilgerfahrt ein Ereignis der Superlative: Nach offiziellen saudischen Angaben reisten 1,4 Millionen Gläubige aus 170 Ländern nach Mekka, hinzu kommen 600 000 saudische Pilger. Den eigentlichen Auftakt der Rituale der so genannten Glaubensreise bildete am Sonntag der Fußmarsch der Pilger in das Mina-Tal. Vor der Sonne, welche die Temperaturen auf bis zu 30 Grad Celsius steigen lässt, schützen sich die Pilger mit Schirmen. Von hier aus ging es am Montag zum Berg Arafat, wo der Prophet Mohammed seine letzte Predigt gehalten haben soll. Den Tag verbringen die Gläubigen, die in weiße, nahtlose Kleider gehüllt sind, im Gebet. In einer symbolischen Vorwegnahme des Jüngsten Gerichts bitten sie dabei um Vergebung.

Zurück im Mina-Tal, übernachten die Pilger in 44 000 feuerfesten und klimatisierten Zelten, an Lastwagen werden Wasser und Nahrung kostenlos ausgegeben. Pech hatten in diesem Jahr die 45 000 türkischen Pilger: Die saudischen Behörden hätten vergessen, für sie Zelte aufzustellen, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anatolia.

Am Tag des Opferfestes werden in der gesamten islamischen Welt Tiere geschlachtet. Damit wird an die Bereitschaft Abrahams erinnert, seinen Sohn für Gott zu opfern. Da es für die gut zwei Millionen Pilger in Mekka unmöglich ist, Schafe am Wegesrand zu schlachten, geschieht dies in modernen Schlachthäusern. Etwa 600 000 Tiere sollen hier dieses Jahr geschlachtet werden, deren Fleisch zumeist in arme muslimische Länder verschickt wird.

Um für die Sicherheit dieser größten Menschenansammlung der Welt zu sorgen, haben die saudischen Behörden Zehntausende von Soldaten und Polizisten bereitgestellt, 66 000 Helfer sind zur Stelle, darunter 5000 Feuerwehrleute und Ärzte. In diesem Jahr starben 25 ältere Menschen an den Folgen der Hitze. Eine Frau gebar eine Tochter auf dem Berg Arafat. Neun Hubschrauber beobachten die Menge aus der Luft, mehr als 1000 Kameras übertragen Bilder in eine Sicherheitszentrale. Doch auch alle diese Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass mindestens 14 Menschen am Dienstag bei einem Gedränge zu Tode kamen – ein Zwischenfall, wie es ihn auch in der Vergangenheit häufiger gab.

Überschattet wurde die Pilgerfahrt in diesem Jahr zudem von dem drohenden Angriff auf den Irak. So beteten viele Gläubige dafür, dass die Iraker von einem Krieg verschont würden. „Ich würde George Bush steinigen, wenn er einen Krieg gegen den Irak beschließen sollte“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP den 45-jährigen Salim Abdullah aus Jemen. Die etwa 15 000 irakischen Pilger, deren Zeltstadt neben der Unterkunft der 7000 amerikanischen Pilger liegt, beklebten ihren Zaun mit anti-amerikanischen Slogans und Porträts von Saddam Hussein. Der saudische Großmufti Scheich Abdul Aziz al Scheich, hatte in seiner Predigt die „Feinde des Islam“ angeprangert, die „jeden Vorwand nutzten, um die Gemeinschaft der Muslime anzugreifen“. Doch der Gouverneur von Mekka, Prinz Abdul Majid bin Abdul Aziz, atmete am Dienstag erleichtert auf: Die Pilgerfahrt sei ein „großer Erfolg“, weil es keine politisch motivierten Zwischenfälle gegeben habe.

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