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Somalia: Piraten kapern deutsches Schiff

Die "MV Victoria" befindet sich in der Gewalt von Seeräubern. Das Schiff gehört einer deutschen Reederei. Die herbeigeeilte Marine konnte den Überfall nicht verhindern.

120 Seemeilen nördlich der somalischen Hafenstadt Boosaaso schlugen sie zu: Somalische Piraten haben das deutsche Schiff MV Victoria in ihre Gewalt gebracht. Wie die EU-Behörde für Maritime Sicherheit im britischen Northwood mitteilte, ereignete sich der Überfall bereits am Dienstagnachmittag um etwa 15.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Inzwischen hat auch die deutsche Reederei Intersee bestätigt, dass es sich bei dem entführten Frachter um ihr Schiff handelt.

Das 146 Meter lange Schiff fährt unter der Flagge Antiguas und Barbudas im Auftrag der Reederei aus Haren an der Ems. Es soll 10.000 Tonnen Reis geladen haben und dürfte inzwischen in die somalische Hafenstadt Eyl gebracht worden sein, ein wichtiger Stützpunkt der Piraten. Die elf Mann starke rumänische Besatzung soll nach Angaben der Reederei unversehrt, das Schiff "nicht stärker beschädigt" sein.

Schiff hatte keine Chance, zu entkommen

Offenbar konnten die Seeräuber das Schiff relativ leicht entern. Zudem habe die Victoria aufgrund ihrer schwachen Motorleistung keine Chance gehabt, den Angreifern zu entkommen. Gerade durch die Beschleunigung auf maximale Geschwindigkeit war vielen Booten in der Vergangenheit die Flucht geglückt.

Nach Angaben der EU-Mission Atalanta fuhr die Victoria in einem Konvoi von mehreren Frachtern und wurde völlig überraschend angegriffen. Der Konvoi war zwar bei der internationalen Schutztruppe in der Region angemeldet und hat auch die von der Marine empfohlene Strecke nicht verlassen, wurde aber nicht von einem Kriegsschiff begleitet. Eine nahe gelegenes türkische Fregatte hatte zwar in Reaktion auf das Notsignal der Victoria umgehend einen Helikopter geschickt. Doch auch dieser konnte den Überfall nicht verhindern.

Piraten nutzten Überraschungseffekt

Die deutsche Marine ist vom Vorgehen der Piraten überrascht. Dies sei ungewöhnlich, denn normalerweise würden sie eher in den frühen Morgenstunden zuschlagen. "Die Piraten nutzten den Überraschungseffekt", sagte ein Offizier gegenüber Spiegel online.

Damit befindet sich neben der Hansa Stavanger nun ein zweites deutsches Schiff in der Gewalt von Entführern. Piraten enterten den Frachter der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg Anfang April rund 400 Seemeilen vor der somalischen Küste. Eine geheime Kommandoaktion der GSG 9 zur Befreiung der deutschen Besatzung wurde vergangene Woche in letzter Minute gestoppt.

In den Gewässern vor der Küste Somalias und im stark befahrenen Golf von Aden haben die Angriffe schwer bewaffneter Piraten unlängst deutlich zugenommen. Die Seeräuber haben bereits Millionen Dollar Lösegeld erpresst und halten noch immer Dutzende Schiffe mit Hunderten Geiseln fest.

Mehrere UN-Staaten, die EU und die Nato haben Kriegsschiffe in die Region entsandt, um die Piraten zu bekämpfen und damit eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt zu sichern. Bisher nur teilweise mit Erfolg, wie der erneute Vorfall zeigt.(kha/dpa/rtr)

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