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Südostasiatischer Räuber: die Fischkatze.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (56): Die Fischkatze

Sieht aus wie eine große Hauskatze, beißt aber kräftiger zu. Angeblich greifen Fischkatzen sogar Leoparden an.

Unruhig tigert die gemusterte Katze im Alfred-Brehm-Haus des Tierparks auf und ab. Es ist früher Nachmittag, die Fütterungszeit naht. „Wie Ihr Kätzchen daheim um den Kühlschrank, schleicht auch die Fischkatze umher“, sagt Christian Kern, Kurator für Säugetiere. Nur, dass die Fischkatze doppelt so groß wie eine Hauskatze ist und mindestens dreimal so hungrig.

Bis zu 85 Zentimeter lang ist ihr getupfter, gestreifter und gefleckter Körper. Das oliv-graue Fell ist wasserundurchlässig. Damit ist sie gut präpariert für ihre Umgebung, denn ganz im Gegensatz zum wasserscheuen Haustiger hält sich die Fischkatze bevorzugt in Feuchtgebieten auf. Ihren Swimmingpool, ein Wasserbecken mitten im Käfig, benutzt Prionailurus viverrinus im Tierpark jedoch nur selten. Vielleicht passiert ihr zu wenig im Planschbecken. In ihrer südostasiatischen Heimat schwimmen Fischkatzen viel, sie haben zwischen den Pfoten sogar Ansätze von Schwimmhäuten entwickelt.

An Bachläufen und in Tümpeln suchen die Tiere nach Krabben, Krebsen und Schnecken, fangen Frösche und Vögel. Auch Fisch steht auf dem Speiseplan, obgleich nicht so oft, wie ihr Name vermuten lässt. Sie sei „kein Nahrungsspezialist“, sagt Christian Kern. Will heißen: Sie nimmt, was ihr vor die spitzen Zähne kommt. Das mag auch daran liegen, dass ihr Geruchssinn schlechter entwickelt ist als bei anderen Raubkatzen. Im Gegensatz zu ihren domestizierten Verwandten kann sie auch die Krallen nicht vollständig einziehen.

Endlich wird aufgetischt. Genussvoll verspeist das Tier drei Gänge. Zuerst knuspert sie an einer Ratte. Die Knochen knacken, das Schwanzende verschwindet unter der rosafarbenen Nase. Sie schmatzt, schlabbert sich über die Schnauze, stürzt sich gierig auf das tote Küken. Erst der Kopf, dann der Rest. Mit großen, kugelrunden und goldgelb blitzenden Augen schaut sie sich um. Das Mäuschen zum Dessert verschlingt sie am Stück.

Fischkatzen wird ein Killerinstinkt nachgesagt. Sie gelten als streitlustig und aggressiv. Schaurige Mythen ranken sich um sie. Selbst Hunde und sogar Rinder sollen die selbstbewussten Katzen angreifen. Der englische Forscher Edward Blyth, bekannt als einer der Begründer der indischen Zoologie im 19. Jahrhundert, berichtet gar, eine Fischkatze habe einen Leoparden im Nachbarkäfig getötet, ein anderes Exemplar soll in Indien einen Säugling fortgetragen haben. Wie gesagt: Legenden.

Bewiesen ist, dass die Katzen Territorien von bis zu 20 Quadratkilometern durchstreifen. Doch die werden geringer, dank Abholzung und industrieller Landwirtschaft. Darum gelten Fischkatzen als stark gefährdet. In zoologischen Gärten läuft die Zucht problemlos, hat sich ein Paar erst mal gefunden. Rekordhalter sind zwei in Kanada lebende Paare: sieben Würfe mit über 30 Jungen. Allerdings gestaltet sich die Suche nach einem Partner schwierig. Erst getrennt durch ein Sichtgitter erfolgt die zaghafte Annäherung. Später, bei der ersten Begegnung, erzählt Kurator Christian Kern, begleitet eine Überwachungskamera die Kennenlernphase. Immer wieder gebe es zwischen den Katzen blutige Kämpfe. Killerinstinkt eben.

FISCHKATZE IM TIERPARK

Lebenserwartung: bis 9 Jahre

Fütterungszeiten:  täglich 15 Uhr

Interessanter Nachbar: Flughund, Schneeleopard, Königsgeier

Isabel Stettin

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