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Graben, graben, nicht als Graben: Roter Sachse.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (76): Roter Sachse

Er weiß noch nicht, wie er mit der neu gewonnenen Freiheit klarkommt: Der Rote Sachse lernt gerade, sich zu integrieren.

Flauschiger wird’s nicht: Das Kaninchen thront mit zitternden Schnurrbarthaaren auf seinem Hügel im Tierpark, die Löffel drehen sich in der feuchten Luft. Herbstlich-kupfern schimmern Fell und Stummelschwanz, schwarz und blank beglubscht das Rassetier den menschlichen Eindringling. Instinktiv will man ins Weiche greifen, aber Streicheln geht nicht. Es weicht es aus, duckt sich weg, hoppelt zur Seite.

Schade, denn der „Rote Sachse“ – Richard Bennack aus Röhrsdorf bei Meißen und dessen Sohn haben die Rasse herausgezüchtet, 1961 wurde sie offiziell anerkannt – ist so weich, dass man ihn zur Wärmflasche domestizieren möchte. Doch niemand will ihn quälen, natürlich gehört er unter seinesgleichen.

„Der Körper ist gedrungen und walzenförmig; der Hals tritt nicht in Erscheinung“, heißt es auf der Website eines bayerischen Züchters. Treffend, aber ein bisschen fies.

Kaninchen gibt es viele im Tierpark, genauer gesagt in „Bilbos Hoppel-Hütte“: Löwchen zum Beispiel, das Löwenkopfkaninchen, den Meißnermix, den untersetzten Widder oder „Die drei Damen vom Grill“.

Sie alle führen ein artgerechtes Leben. Ihre Zähne können sie mit harten Schrippen pflegen, Rohkost wie Möhren, Kohlrabi und Blattsalat wird täglich serviert.

Das war nicht immer so. Bis 2014 wurden die Nager, getrennt von Freunden und Familie, in Käfigen gehalten. Diese dunklen Zeiten sind zum Glück nur noch Erinnerung. Heute leben sie in relativer Freiheit.

In Trance buddeln und den Fuchs vergessen

Doch kommen die Kaninchen mit den damit verbundenen Herausforderungen klar? Größtenteils ja, weiß René Viete, der Chef des Haustierreviers. Aber es gibt eben auch diese Stunden, da fangen sie wie verrückt an zu graben. Sie schaufeln mit vereinten Kräften einen langen Tunnel. Das liegt in ihrer Natur. Dabei vergessen sie ihren größten Feind: den Fuchs.

Der wilde Mister Reinecke, so nennt ihn René Viete, streift vor allem jetzt durch den Tierpark, wenn nicht viele Besucher da sind. An einem grauen Nieselregen-Nachmittag kann man nämlich die Besucher an zwei Pfoten abzählen. Findet dann Mister Reinecke, kupferfarben wie der Rote Sachse, so ein Erdloch, schlüpft er hungrig hinein – für die Klopfer entsteht eine tödliche Sackgasse.

Deshalb müssen Viete und seine Leute oft zum Spaten greifen und die Gänge kurzerhand zerbuddeln. Am Ende des Tunnels finden sie die verknäuelten Nager und heben sie hinaus. Einige fertige Tunnel gibt es im Gehege, aber selber Erde bewegen ist schöner. Unter Tage, im kühlen Bau, mag es der Rote Sachse am liebsten.

Erst schnuppern, dann rein in die Gruppe

Nachts ist zur Sicherheit Einschluss, der Rote Sachse und seine Genossen nennen einen komfortablen Stall ihr eigen. Eine Glocke kündigt Fütterung und Nachtruhe an.

Problematisch sei es, sagt Viete, wenn Neuankömmlinge in die Gruppe integriert werden sollen. So geschehen mit zwei Mischlingen. Die wurden reflexhaft attackiert. Die Lösung: Einige Tage mussten die Neuen von den anderen getrennt in einem Käfig im Gehege herumstehen, bis sich alle beschnuppern konnten.

Und siehe da: Ihre Integration erfolgte schneller als gedacht. Der Rote Sachse hat sich da nicht so.

ROTER SACHSE IM TIERPARK

Lebenserwartung:  7 bis 10 Jahre

Besuchszeiten:  9 bis 17.45 Uhr
Interessanter Nachbar: Haushuhn

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