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Dickköpfig: der Moschusochse.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (84): Der Moschusochse

Sie sind nicht zimperlich: Wenn Moschusochsen aufeinander loslegen, knallt es fürchterlich - der Hörner wegen.

Diese Zotteltiere haben schon einiges erlebt: Sie streiften mit den Mammuts durch die Arktis, wohnten dem Aussterben der Dickhäuter bei und müssen nun das Schmelzen der Gletscher verkraften. Warm werden sie mit dem veränderten Klima auf Dauer nicht.

Moschusochsen haben ein dickes Fell, wenn die Temperatur auf 30 Grad steigt wie im vergangenen Sommer, rasseln die Tiere wie unter Druck stehende Kessel: Ihre Körper beben bei der Atmung.

Lebende Fossilien nennt Biologe Christian Kern sie. Er stellt gleich zwei Irrtümer richtig: Erstens sondern die Tiere keinen Moschus ab, es handelt sich bei dem Sekret nur um einen ähnlich riechenden Stoff.

Und zweitens sind sie keinesfalls Rinder, wie der Name nahelegt, „sie sind eher riesengroße Schafe“ und gelten in der Wissenschaft als Ziegenartige. In dieser Gruppe erreichen Moschusochsen mit bis zu 650 Kilogramm allerdings die schwerste Gewichtsklasse.

Nicht zu nahe kommen

Sie sind daher mit Vorsicht zu behandeln, wenn man ihnen plötzlich nahe des Polarkreises gegenüber steht. Gerade die Bullen mit ihren wehrhaften Hörnern, die aus der Ferne wie ein aus Stein gehauener Mittelscheitel aussehen, greifen bei Gefahr schnell an.

In der Arktis wehren die massigen Tiere Räuber wie Wölfe und Bären ab, die versuchen, eines der Jungtiere zu reißen. Bemerkt eine Herde solch ein Raubtier, formiert sie sich zu einem Kreis. In der Mitte stehen die schwächsten und jüngsten Tiere, am Außenrand die stärksten.

Kein Wolf, der bei Sinnen ist, legt sich mit drohenden Moschusochsen an, die acht Mal so viel wiegen wie er. Das wäre etwa so, als würde ein Mensch versuchen, einen kleinen Mastbullen mit bloßen Händen zu Boden zu ringen.

Gepanzerte Platten

Auch untereinander sind die männlichen Tiere wenig zimperlich, wenn es um Weib und Hof geht – also darum, wer im Revier das Sagen hat. „Es knallt fürchterlich“, sagt Kern, wenn die Kontrahenten aufeinander losgingen, aber die Tiere verletzen sich dabei selten. Sie haben Dickschädel, die mit festen Platten gepanzert sind.

Wenn man einmal zwei Bullen beobachtet, wie sie gegeneinander kämpfen, denkt man unwillkürlich daran, dass diese Tiere wirklich mit dem Kopf voran durch eine Wand preschen könnten. In ihrem Blind-gegen-Widerstände-Laufen werden sie wohl nur durch besonders sture Menschen übertroffen.

Feiner als Kaschmirwolle

Tatsächlich gab es in der Geschichte Versuche, Moschusochsen zu domestizieren. Das ist nicht vollends geglückt, es gibt lediglich ein paar Farmen in Alaska, auf denen Menschen die seidigen Haare aus dem Fell kämmen. Die Wolle soll feiner als die von Kaschmirziegen sein. Besonders die Inuit schätzen sie für Mützen und Schals.

Moschusochsen sind mit ihrem dicken Fell hervorragend an die kalte Jahreszeit angepasst. Schnee bereitet ihnen kein Problem. In deutschen Tiergärten haben die Kälber allerdings mit schlechtem Wetter zu kämpfen. Ihnen sind noch keine starren Grannenhaare gewachsen, die bis zu 60 Zentimeter lang werden und an denen Wasser abperlt.

Bei stetigem Regen können sie sich verkühlen und an einer Lungenentzündung sterben. Deshalb achten Pfleger und Kuratoren im Tierpark darauf, dass die Neugeborenen erst einmal im Stall aufwachsen.

MOSCHUSOCHSE IM TIERPARK

Lebenserwartung:  bis 20 Jahre

Besonderheit:  dank zweier Jungtiere die größte Herde in einem Zoo Mitteleuropas

Interessanter Nachbar: Schneeziege, Milu

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