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Das "Cassiopeia" in Berlin-Friedrichshain ist eine feste Adresse im Berliner Nachtleben.

© Thilo Rückeis

Die Sparkolumne: Ausflug in den Untergrund

Karten für die Red Hot Chili Peppers waren ihm zu teuer, also lud unser Autor seine Frau als kleine Wiedergutmachung zu einem Rap-Konzert.

Von Andreas Austilat

Meine Frau fand, wir unternehmen zu wenig. Was wären wir früher nicht um die Häuser gezogen, was hätten wir nicht alles für Konzerte besucht? Und sie meinte jetzt nicht die Philharmoniker. Dann schwelgte sie in Erinnerungen. Da waren schon echte Klassiker dabei. Prince zum Beispiel, David Bowie, Leonard Cohen, haben wir alle gesehen. Sind aber alle tot, können wir sowieso nicht mehr hin.

„Ein paar leben schon noch“, hörte meine Frau nicht auf, „ist dir bloß alles zu teuer.“ Ich weiß genau, warum sie das gesagt hat. Der Stachel sitzt nämlich tief – seit vergangenem November. Sie wollte die Red Hot Chili Peppers sehen, auch eine Band ihrer Jugend, und hatte damit gerechnet, ich würde ihr die Karten zum Geburtstag schenken. Habe ich aber nicht. Denn das Konzert fand in der Mercedes-Benz-Arena statt, es gab nur noch Karten in der letzten Reihe und die sollten trotzdem 70 Euro das Stück kosten.

Ich bin doch nicht verrückt. Wobei ich das so natürlich nicht formuliert habe, sondern versuchte, mich kulturkritisch aus der Affäre zu ziehen. „Die Red Hot Chili Peppers“, fing ich an, „die machen doch immer dasselbe.“ Es half auch nichts, dass ich ihr stattdessen einen Akku-Bohr-Schrauber schenkte. Ein Spitzen-Modell übrigens. Und obendrauf die CD legte.

Meine Frau heimwerkt außerordentlich gern. Und beim Werkzeug sollte man nicht knausern. Es kam trotzdem nicht so gut an. Vor allem die CD war ein Fehler. „Eine neue CD? Ich denke, die machen immer das gleiche“, sagte sie. Zur Strafe musste ich mir das Ding ziemlich oft anhören.

Ich wollte mit meiner Frau mal ganz was Neues machen

Letzte Woche rief dann ein Freund von mir an und sagte, „wir gehen ins Cassiopeia und hören uns Astronautalis an.“ Ich verstand gar nichts, ließ mich belehren, es handele sich erstens um eine recht runtergerockte Location an der Warschauer Straße und zweitens um einen weißen US-Rapper, so eine Art Eminem. Ich mag Rap nicht, was ein wenig damit zu tun hat, dass die musikalische Geschmacksbildung der meisten Menschen mit 23 Jahren abgeschlossen ist. Als ich 23 war, rappte kaum einer.

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Kostet auch nur 16 Euro, sagte mein Freund. Und in so einem kleinen Laden wäre man wirklich mal mittendrin. Das war meine Chance. „Lass uns doch mal ganz was Neues machen“, sagte ich also zu Hause.

Im Cassiopeia hoben wir den Altersdurchschnitt dramatisch. Doch was soll ich sagen, wir haben uns erstaunlich gut amüsiert, so mittendrin. „Das machen wir jetzt öfter“, freute sich meine Frau hinterher. Was ich wiederum ein bisschen übertrieben fand.

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