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Hartmut Wewetzer.

© Kai-Uwe Heinrich

Dr. WEWETZER: Heiter dank Fisch

Unser Kolumnist ist Leiter des Wissenschaftsressorts und fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin.

Davon, dass Küstenbewohner besonders ausgelassen sind, ist wenig bekannt. Auch der Norddeutsche gilt eher als spröde und ein bisschen rau, so wie das Reizklima am Wattenmeer. Aber vielleicht wurde das bislang falsch gesehen, vielleicht wohnt in den Nordlichtern eine tiefe, unentdeckte Heiterkeit. Wie ich darauf komme? Weil chinesische Forscher nun Hinweise darauf gefunden haben, dass Fisch das Risiko für Depressionen senkt. Und wo, wenn nicht an der Küste, weiß man dieses Lebensmittel zu schätzen?

Fang Li von der Qingdao-Universität und ihre Kollegen haben nicht selbst die Auswirkungen des Fischverzehrs studiert, sondern 26 Untersuchungen anderer Wissenschaftler zum Thema mit insgesamt 150 000 Teilnehmern ausgewertet. Ihre Analyse zeigte, dass zwölf Studien ein positives Resultat ergaben – mehr Meeresfrüchte, weniger Depression. In den restlichen 14 fand sich kein deutlicher Zusammenhang. Eifrige Fischesser hatten ein um 17 Prozent geringeres Risiko, depressiv zu werden, als Fischmuffel. Am ausgeprägtesten war der Effekt übrigens in den Untersuchungen zu finden, die in Europa angestellt wurden.

Warum das Meeresgetier die Stimmung aufhellen kann, ist nicht genau bekannt. Möglicherweise sind es fischtypische, vielfach ungesättigte (und vielfach gepriesene) „Omega 3“-Fettsäuren, die sich günstig auf Zellmembranen und das Gleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn auswirken. Auch hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralien schützen womöglich. Denkbar zudem, dass Fischgenießer sich allgemein gesünder ernähren. Dann wäre Fisch nur ein Teil der Erklärung, ein Hinweis auf gesunden Lebensstil.

In den ausgewerteten Studien kann zwar ein Zusammenhang festgestellt werden (viel Fisch, wenig Depression). Ob aber ein Verhältnis von Ursache und Wirkung besteht, muss dahingestellt bleiben. Denkbar und wünschenswert? Ja. Bewiesen? Nein. Dennoch fällt das Urteil der Studienautorin Fang Li klar positiv aus, sie rät: Wegen der bekömmlichen Inhaltsstoffe sollten die Leute mehr Fisch essen.

Recht gut belegt ist der Nutzen für Herz und Gefäße. Auch hier sind vermutlich die Omega-3-Fette die Wohltäter. Sie können das Herz vor gefährlichen Rhythmusstörungen schützen, das Funktionieren der Blutgefäße verbessern und Entzündungen dämpfen.

Fettiger Fisch (Lachs, Hering, Makrele, Sardelle, Sardinen), ein- bis zweimal pro Woche genossen, kann das Risiko, an einem Herzleiden zu sterben, um ein Drittel senken. Auch die Gefahr eines Schlaganfalls oder von Alzheimer und anderen chronischen Leiden ist möglicherweise verringert. Es verwundert daher nicht, dass die Amerikanische Herzgesellschaft AHA in ihren Diät-Richtlinien empfiehlt, zweimal pro Woche Fisch zu essen. Mich müssen sie dazu nicht zwingen, ein zarter Matjes oder ein Lachsauflauf mit Spinat gehören zu meinen Lieblingsgerichten. Da hebt schon die Vorfreude aufs Essen die Stimmung!

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