zum Hauptinhalt
Der Flohmarkt ist ein klassischer Platz zum Handeln. Seit 2001 darf man es aber auch überall im Einzelhandel.

© Kai-Uwe Heinrich

Feilschen für Anfänger: Preis auf Nachfrage

Unsere Kolumnistin will lernen, besser zu handeln. Und wagt den Praxistest.

Von Maris Hubschmid

Nicht einmal auf den Basaren, von denen es im Reiseführer heißt, dass man die Preise um die Hälfte drücken muss, kann ich’s. Ein empörter Blick, schon rudere ich zurück: Natürlich ist die Ware ihr Geld wert. Ganz bestimmt ist das Stück von bester handwerklicher Qualität. Wenn dann doch einmal einer einen Euro heruntergeht, versichere ich ihm meine tiefste Dankbarkeit und trotte mit schlechtem Gewissen davon.

Auf Flohmärkten feilsche ich gerne um meinen Kram, anderen ihren abzuquatschen liegt mir aber nicht. Unlängst kaufte ich ein Kinderkleid und ein Milchkännchen, zahlte kommentarlos die verlangte Summe. „Du musst doch handeln“, sagte ein Freund. „Darauf sind die eingestellt.“

Gehandelt werden darf qua Gesetz seit 2001 sogar im regulären Einzelhandel. Aber wer macht das schon? 64 Euro 74 zeigt das Display des Taschenrechners – so viel soll die Rahmung des Fotos kosten. „Lässt sich da am Preis noch was machen?“, frage ich vorsichtig. „Hm“, sagt die Angestellte und zieht eine Schublade auf: Ich könnte auf diesen optisch ähnlichen Standardrahmen ausweichen. Ich lehne ab und ärgere mich: Billigere Alternativen zu präsentieren hat ja mit Handeln nichts zu tun.

Nächster Versuch: Haargummis

Beim nächsten Versuch denke ich: Eine gute Übung! Ich fühle mich auf der sicheren Seite, weil aus dem Viererset Haargummis eines fehlt. „Ist doch schon reduziert“, sagt der H&M-Angestellte. Das stimmt, ein rotes „1,-“ prangt auf der Packung, aber das hat mit dem fehlenden Haargummi nichts zu tun. „Verstehe ich das richtig, Du willst 25 Cent Abzug? Da müsste ich erst die Abteilungsleiterin fragen.“ Diesmal bin ich hartnäckig. Er bedient, während ich warte, weiter. Als zehn Minuten später noch immer niemand erschienen ist, hake ich nach. Sichtlich genervt telefoniert er erneut: „Genau, hier will eine Kundin 25 Cent Rabatt.“ Die Menschen in der Schlange sehen mich an. Hallo Welt, ja, ich veranstalte diesen Zirkus für 25 Cent. Und bereue zutiefst, damit angefangen zu haben. Nach einer Viertelstunde lasse ich’s gut sein und die Haargummis liegen.

Handeln? Geht hier nicht

Mit vier Jacken auf dem Arm, die zusammen 460 Euro kosten sollen, gehe ich zur Kasse bei Karstadt. „Ich möchte diese vier kaufen und handeln.“ Habe ich bei großen Summen mehr Glück? Die Kassiererin guckt mich verdutzt an. „Da müssen Sie in die Herrenabteilung.“ „Handeln geht hier nicht“, erklärt die Kollegin. „Laut Gesetz darf man das“, halte ich dagegen. Jetzt ist sie verunsichert. „Dafür müssen Sie schon Geschäftskunde sein ... und für Mitarbeiter einkaufen.“ Wieso? „Also ... 400 Euro sind zu wenig“, lenkt sie ab. Auf die Frage, ab welchem Einkaufswert ich hier handeln könne, sagt sie: „So 2000 Euro.“ Eine andere Verkäuferin schaltet sich ein und hat einen Tipp: „Sonst nehmen Sie doch eine von den Jacken da hinten, die sind günstiger. Oder eine weniger.“ „Ich sehe mich lieber noch mal um, um auf die 2000 Euro zu kommen“, gehe ich in die Offensive. Da fällt es ihr ein: Wenn ich heute das Formular für eine Kundenkarte ausfülle, bekomme ich zehn Prozent Rabatt auf den gesamten Einkauf. Wären bei den vier Jacken immerhin 46 Euro.

Maris Hubschmidt.
Maris Hubschmidt.

© Tsp

Als ich aus Karstadt raus bin, will ich mir bei einem Asia-Imbiss eine Apfelschorle holen. 2 Euro 50 fordert der Mann hinter dem Tresen – ich habe aber nur noch zwei. Prüfend guckt er mich an und lacht. „Okay!“ 20 Prozent Preisnachlass rausgehandelt, denke ich zufrieden, als ich den ersten kühlen Schluck genieße.

Ich kann’s doch!

Zur Startseite