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Auch die Fassade des "Hommage à Magritte" ist eine.

© imago

Hotelkolumne: In fremden Federn: Eine Nacht im Hommage à Magritte

Zwischen Rolls-Royce, Udo Walz und "Botox to go" erinnert das Hotel "Hommage à Magritte" daran, dass die Dinge nicht immer sind, was sie zu sein scheinen.

Der Unterschied zwischen echt und falsch, zwischen Wunschtraum und Wirklichkeit war vielleicht noch nie so schwer zu bestimmen wie an diesem Ort und in dieser Zeit, da Geschäfte mit einem Slogan wie „Botox to go“ werben. Charlottenburg, Grolman-, Ecke Uhlandstraße und Ku’damm, Bermudadreieck des schönen Scheins. Rolls-Royce, Udo Walz und Nervengift zum Mitnehmen.

Wie wohltuend erheiternd, wenn man dann nur ein paar Meter die Grolmanstraße hinauf dem Mann begegnet, der sein Leben ganz der philosophischen Bespiegelung von Schein und Sein gewidmet hat. Die berühmte Melone auf dem Kopf, schwebt er einen Meter über dem Trottoir an der Fassade von Hausnummer 32-33: René Magritte. Also, nicht er selbst. Nur sein Bild. Der belgische Surrealist legte viel Wert auf solche Unterschiede. „Ceci n’est pas une pipe“ ...

Schöner Schein. Nervengift zum Mitnehmen.
Schöner Schein. Nervengift zum Mitnehmen.

© Moritz Honert

In der Beletage verbirgt sich seit 2012 das familiäre Boutiquehotel Hommage à Magritte. Der Künstler Jull, ein Freund des Besitzers, hat nicht nur die Fassade, sondern auch Speisesaal und jedes der 17 Zimmer mit Bildern und Wandmalereien im Geiste des vor 50 Jahren gestorbenen Kollegen gestaltet.

Hielte man es streng mit Magritte, der am liebsten daheim arbeitete, verließe man sein stuckverziertes Zimmer nun gar nicht mehr, sondern philosophierte den Rest des Abends über den Schatten eines Mannes mit Hut, den der Kleiderständer an die Wand wirft. Eine Illusion. Der Hunger jedoch, den man irgendwann spürt, der ist real.

Weit hat man es nicht. Schräg gegenüber liegt das Künstlerlokal Diener Tattersall. Magritte hätte es gefallen. Nicht nur, weil zwei andere berühmte Melonenträger, „Dick und Doof“, im Fenster grüßen, sondern auch wegen der bodenständigen Küche, die in dem heimeligen, über und über mit Bildern und Fotos dekorierten Schankraum serviert wird. Großes Schultheiss 3,60 Euro, Königsberger Klopse mit Roter Bete 10,50 Euro.

Der Weg durch die Dämmerung führt über den Ku’damm in den im Halbdunkel verwunschen daliegenden Garten des Literaturhauses. In der Buchhandlung „Kohlhaas & Company“ im Souterrain findet sich zwar nichts über, aber doch von Magritte. In einer Auslage grüßt Bernhard Rathmayrs „Geschichte der Liebe“, darauf „Die Liebenden“. Zwei verhüllte Köpfe, einander zum Kusse zugeneigt.

Während man immer noch über das Bild nachdenkt, fällt der Blick auf ein anderes im Schaufenster des Auktionshauses Griesebach. Ein Gemälde von Timm Ulrichs. Ein weißes Quadrat. Darauf ein einziges Wort: „Bild“. Fraglos: eine Hommage à Magritte.

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