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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr GARTEN …, und ich: Ein japanisches Geschenk

Ich bin froh, dass Weihnachten endlich vorbei ist. Wobei ich nichts gegen das Fest an sich habe

Von Andreas Austilat

. Mein Hauptproblem war rein praktischer Natur: Wir haben meinem Schwiegervater einen Bonsai geschenkt. Genauer gesagt einen Junischnee, Serissa foetida. Der Winzbaum heißt so, weil er im Juni schneeweiß blüht, wenn er es bis dahin schafft.

So erfolgreich meine Frau im Garten ist, so gemischt liest sich ihre Bilanz bei allem, was im Zimmer wächst. Früher hatten wir mal einen Ficus, ungefähr für eine Saison, dann waren alle Blätter abgefallen. Und unsere Yucca lebt nur noch, weil sie von Frühling bis Herbst draußen Kraft schöpft. Nicht, dass ich Yuccas besonders mögen würde, im Gegenteil, sie erinnern mich immer ein bisschen an das Wartezimmer einer aus der Mode gekommenen Arztpraxis. Aber diese hier begleitet mich seit meiner ersten eigenen Wohnung. Was ein kleines Wunder ist, weil ich mir in Sachen Zimmerpflanzen auch keinen grünen Daumen attestieren würde.

Der Bonsai musste geschlagene vier Wochen bei uns durchhalten, weil meine Frau immer schon Ende November alle Geschenke beisammen hat. Ich muss allerdings zugeben, dass ich ihn ganz hübsch fand. Er hatte genau diesen Grad an Knorrigkeit und jene leicht windschiefe Statur, um als Baum durchzugehen, der schon so manchem Sturm getrotzt hat. Wobei ich mich strikt davor hütete, ihn auch nur zu berühren, damit bloß kein Blättchen abfällt. Jetzt liegt die Verantwortung bei meinem Schwiegervater, und der wird damit lebenslang zu tun haben. Wer nämlich glaubt, die kleinen Dinger bleiben immer so putzig, nein, da muss man schon was für tun.

Meine Frau war sich jedenfalls sicher, er würde ihrem Vater gefallen. Und so war es dann auch. Was ich erstaunlich fand. Mein Schwiegervater sieht nämlich aus wie eine Mischung aus Bud Spencer und Luciano Pavarotti, da würde man jetzt nicht gleich darauf kommen, dass er ein Herz für kleine Bäume mit winzigen Blättern hat. Obwohl, es gibt da eine Verbindung zu Japan. Mein Schwiegervater hat vor Jahren, es kann nicht lange nach dem Mauerfall gewesen sein, am Straßenrand einen Diplomatenkoffer gefunden. Natürlich hätte er ihn gleich ins Fundbüro bringen können, aber er dachte, wenn er wüsste, was drin ist, kann er vielleicht den Eigentümer identifizieren. Also setzte er sich abends vor den Fernseher und fummelte so lange an den Zahlenschössern rum, bis sie aufschnappten.

Im Koffer befanden sich Baupläne der japanischen Botschaft. Natürlich hat er gleich dort angerufen. Wenig später fuhr eine Limousine vor, und die Japaner holten den Koffer ab. Dafür schenkten sie ihm – nein, keinen Bonsai – eine Flasche französischen Cognac. Wahrscheinlich wollten sie nach dem Theater mit den Plänen auf Nummer sicher gehen. Kann ich verstehen. Andreas Austilat

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