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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten und ich: Polka 91 will nicht

Wenigstens unser Rasen ist in WM-Form. So gut sah er schon lange nicht mehr aus.

Von Andreas Austilat

Saftig, grün, dicht, man möchte sich sofort drauflegen. Was wohl keine gute Idee ist, weil, sein Aussehen ist zu einem erheblichen Teil darauf zurückzuführen, dass ich ihn nicht mehr so oft betrete, seit der Junge aus dem Haus ist. Früher haben wir darauf Federball gespielt, sogar Fußball. Das ist dem Grün meist gar nicht bekommen. Woraus man ableiten könnte: Rasen will am liebsten in Ruhe gelassen werden.

Anders die Rosen. Jedenfalls die eine hinten in der Ecke mit dem eigenartigen Namen Polka 91. Die ist total außer Form, eigentlich müsste sie jetzt nämlich wunderschön gelb mit einem Stich ins apricotfarbene blühen und zart duften. So soll es mal gewesen sein. Doch dieses Jahr ist da gar nichts, obwohl der Juni Rosenmonat ist. Und ich soll schuld sein. Ich hatte nämlich meiner Frau die Rasenarbeit überlassen, nun haben wir es mit einem eklatanten Fall von Rosenvernachlässigung zu tun.

„Ich dachte, du mochtest gar keine Rosen“, habe ich meine Frau vorsichtig daran erinnert, dass sie Rosen eigentlich immer ein bisschen altmodisch fand. „Ja“, stimmte sie mir widerwillig zu, inzwischen hat sie es sich aber anders überlegt. Rosen haben unbestreitbare Vorteile, zum Beispiel, dass die Sorten, die wir haben, im Juni anfangen zu blühen und dann bis in den späten Herbst immer wieder kommen. Nur eben nicht Polka 91.

Das Problem sind wahrscheinlich die saftig grün aussehenden jungen Triebe. Die unterscheiden sich von ihren Nachbarn nicht nur in der Farbe, sie haben auch sieben statt der üblichen fünf Blätter. Das sind Wildtriebe, die hätten entfernt werden müssen, und zwar gleich am Ansatz. Schneidet man sie einfach nur zurück, werden sie sich sogar noch vermehren und der Rose die Kraft rauben.

So eine Rose wie unsere Polka ist ja mehr oder weniger ein Kunstobjekt, vom Rosengärtner veredelt, indem er sein Hochleistungsprodukt einem wilden Verwandten einpflanzt, der nur für die stabile Wurzelunterlage herhalten soll. Es handelt sich also um zwei Pflanzen in einer.

Manchmal kommt es vor, dass diese wilde Unterlage austreibt und den oberirdischen Vetter, der für den guten Eindruck zuständig ist, mit seinem kräftigen Grün überwuchert. Dieser Wildtrieb wächst also unter der Veredelungsstelle aus dem Wurzelstock und dort muss er auch entfernt werden. Und zwar rechtzeitig. Sonst wird er die Edelrose umbringen. Ja, in so einem Garten geht es ganz schön rau zu. Vom Autor ist kürzlich das Buch „Hotel kann jeder – meine Frau unser Wohnwagen und ich“ erschienen. Daraus liest er am 10. Juli im Tagesspiegel, Askanischer Platz 3. Bei schönem Wetter im Hof, gegrillt wird auch. Karten ab 18. Juni unter www.tagesspiegel.de/Veranstaltungen

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