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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten… und ich: Zeit der Ernüchterung

Wir waren zwei Wochen auf Zypern. Da blühte der Oleander, die Granatäpfel waren noch nicht ganz reif, aber beinahe, und das Einzige, was freiwillig vom Baum fiel, waren die Datteln von der Palme vor dem Haus.

Von Andreas Austilat

Als der Urlaub zu Ende ging, haben wir uns ausgemalt, was uns zu Hause erwarten würde. „Salat“, sagte meine Frau. Sie hatte vor unserer Abreise noch Pflücksalat ausgesät, und natürlich hatten wir in der Ferne verfolgt, dass der späte Oktober in Deutschland auch ganz schön gewesen sein soll. Wir rechneten also mit Bergen von Salat und überlegten, was wir damit anstellen würden.

Die Taxe hielt im Dunkeln vor dem Haus, deshalb konnten wir unseren Salat nicht sofort in Augenschein nehmen. Das Einzige, was mir gleich auffiel, waren die Laubberge, die überall rumlagen. Die Schicht, durch die wir zur Tür wateten, knirschte knöchelhoch unter den Sohlen.

„Neulich hing das noch am Baum“, versicherte uns ein Nachbar, „dann kam der Sturm“, seitdem lägen die Blätter alle auf dem Boden. Im Flur las ich in einer Zeitung von letzter Woche, dass sie am Müggelseedamm eine Seilbrücke für Eichhörnchen errichten wollen. Gute Idee, wenn es so früh dunkel wird. Die kleinen Nager haben jetzt echt zu tun und können nicht einfach um fünf Feierabend machen. Als Alternative bliebe also nur, die Tiere mit Reflektoren auszurüsten.

Am nächsten Morgen sah ich den Salat. Immer noch winzig und ziemlich welk lag er lustlos auf seinem Beet. Ich guckte weiter ins Rund, sah die Hortensien, deren Blüten mit kraftlosem, ebenfalls welkem Lila zu betören versuchten, was ihnen nicht gelang. Nur ein paar Rosen gaben sich noch Mühe. Im Geist sah ich wieder die zyprische Dattelpalme auferstehen, grüne Wedel vor blauem Himmel. Das Bild verschwand, als sich der Laubbläser unseres neuen Nachbarn vorn in mein Bewusstsein sägte. Wie ich diese Dinger hasse.

Dann sah ich die Drahtkörbe, die unser Nachbar nach hinten raus in unserer Abwesenheit gebastelt hatte. Sie bildeten kleine Silos um die Stämmchen seines Flieders, den er in diesem Jahr gepflanzt hatte und die jetzt randvoll mit Laub waren. „Guck mal“, sagte ich zu meiner Frau. „Hm“, brummte sie, „ist zur Isolierung, als Winterschutz.“ Sah ganz nett aus. Ich erkannte das rote Laub der Blutpflaume, das langweilige Graugrün der Erle, auch Blätter unser Buchenhecke waren dabei und die der Platane von vorne an der Straße. Ob er sich die extra geholt hat, damit die Mischung hübscher aussieht? Sagenhaft, wie kreativ manche Leute mit widrigen Umständen umgehen.

„Machen wir das auch?“, fragte ich meine Frau. „Weiß nicht“, sagte sie, „ich halts mehr mit den Engländern.“ Angeblich freuen sich die Gärtner dort, wenn ihnen etwas eingeht. Dann haben sie Platz für Neues. Ja, liebe Hortensie, dachte ich, sieh mal zu, wie du demnächst draußen klarkommst.

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