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Dr. Wewetzer: Abschied vom Abstrich

Die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs ist eine Erfolgsgeschichte. Mit einem Zellabstrich vom Muttermund werden tumorverdächtige Veränderungen meist rechtzeitig erkannt.

Die Zahl der Fälle an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) ging seit Einführung des Abstrichs 1970 drastisch zurück, von 30 000 auf knapp 5000. Eine von 340 Frauen stirbt noch an dem Tumor. Da am Beginn des Krebswachstums eine Infektion mit sexuell übertragbaren Humanen Papillomaviren (HPV) steht, ist zu erwarten, dass die Impfung gegen HPV die Krankheit weiter zurückdrängen wird. Und mit dem HPV-Test steht ein Verfahren für die Vorsorge zur Verfügung, das dem herkömmlichen Abstrich überlegen ist. Das belegt eine Studie, die im Fachblatt „Lancet“ erschienen ist.

Der HPV-Test prüft, ob Zellen am Gebärmutterhals von dem Erreger befallen sind. Ist das nicht der Fall, kann für fünf Jahre Entwarnung gegeben werden. Denn es dauert seine Zeit, bis nach einer Virusinfektion im ungünstigsten Fall tatsächlich ein Tumor wächst. Dagegen kann der herkömmliche Abstrich, auch als Pap-Test bekannt, lediglich krankhafte Zellveränderungen infolge einer HPV-Infektion erkennen, und auch die nicht zuverlässig. Deshalb verwundert es nicht, dass in der jetzt erschienenen Untersuchung der HPV-Test besser abschnitt. Er bietet einen um 60 bis 70 Prozent besseren Schutz als der Pap-Test. „Mehr als beeindruckend“ nennt der Gynäkologe Peter Hillemanns von der Medizinischen Hochschule Hannover das Ergebnis der Studie.

Guglielmo Ronco vom Zentrum für Krebs-Epidemiologie und Prävention in Turin und sein Team werteten Daten aus vier Untersuchungen mit insgesamt mehr als 175 000 Frauen aus, in denen HPV-Test und Abstrich verglichen wurden. In den ersten Jahren unterschieden sich die Ergebnisse nicht. Aber nach sechseinhalb Jahren hatte der Virusnachweis die Führung übernommen. Ronco empfiehlt, dem HPV-Test Vorrang bei der Früherkennung zu geben, und zwar vom 30. Lebensjahr an im Abstand von fünf Jahren. Lediglich wenn Virus nachgewiesen wird, sollte ein herkömmlicher Abstrich erfolgen. Bei Frauen unter 30 ist ein HPV-Test dagegen wenig aussagekräftig, weil in diesem Alter Infektionen so häufig wie folgenlos sind. Gebärmutterhalskrebs in jungen Jahren ist zudem selten, erst mit 35 gehen die Erkrankungszahlen nach oben. In manchen Ländern wird deshalb eine Früherkennung vor dem 30. Lebensjahr gar nicht angeboten.

Besserer Schutz vor Krebs und seltener zur Früherkennung: Der HPV-Test ist ein echter Fortschritt. Auch in Deutschland ist die Diskussion im Gange, bezahlt wird bislang nur der herkömmliche Test. Ein Problem kann jedoch auch der HPV-Test nicht lösen, nämlich die Tatsache, dass eine Gruppe von Frauen die Vorsorge nicht wahrnimmt und daher besonders gefährdet ist. Deshalb sollen künftig alle Frauen zur Vorsorge eingeladen werden, ähnlich wie es bei der Brustkrebs-Früherkennung schon der Fall ist. Bis es so weit ist, werden allerdings wohl noch einige Jahre ins Land gehen.

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