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Panorama: Manchmal erscheint das Meer als Gemälde - und keiner quetscht es in einen Rahmen.

© Getty Images/mbbirdy

Liebeserklärung ans Segeln: Ein Mann, ein Boot

Keine Menschen, keine Kneipen, kein Straßenlärm, dafür Wellenskulpturen und Himmelskino. An Bord eines Segelschiffs kann man sich der Welt entziehen, ohne etwas zu verpassen. Ein Seemannslied über die endlose Weite.

Ich schreibe diese Zeilen an dem schönsten und ehrlichsten Ort, den ich kenne. An Bord meines alten Segelboots. Wie ein weißer Schwan liegt das Schiff vor Anker, schwebt in einem stillen Noor (siehe Glossar unten) an der Schlei. Jederzeit kann es sich davonmachen, und manchmal frage ich mich: Was ist das überhaupt – ein Ort?

Stets schwankt das Boot ein bisschen, wackelt und torkelt, besonders, wenn es windet und regnet wie gerade. Dann jammert alles, die Takelage, die Stage, die Wanten. Letzte Nacht musste ich aufstehen, um die Fallen vom Mast wegzubinden. Sie schlugen und jaulten so laut, dass sie mich weckten; das halbe Schiff vibrierte.

Aber dann stopfte ich mich wieder in meinen Schlafsack und ließ mich vom nunmehr weniger Getöse machenden Wind einlullen.

Ich schlief bis morgens um neun.

Das Plätschern beruhigt

Oft weile ich fünf, sechs, sieben Monate auf meinem Schiff namens „Phurieng“, bis in den tiefen Herbst. Wohne, arbeite und lebe auf meinem alten Kahn aus Holz. Längst ist es zu einer Selbstverständlichkeit geworden, in einer Koje zu schlafen und nicht in einem Bett, morgens durch ein Bullauge zu schauen und nicht aus einem Fenster. Selbstverständlich auch, unterwegs zu sein und nirgends Seepocken anzusetzen.

Einen festen Heimathafen habe ich nicht. Meine schwimmende Blockhütte zur See kann ich einfach mitnehmen, mal hierhin, mal dorthin segeln. Und das ist vielleicht das Erhebendste an dieser ganzen Angelegenheit des Bootslebens. Manchmal muss ich dabei an Herman Melville denken, der schrieb in „Moby Dick“: „Wahre Orte besitzen keine Namen.“

Vorn am Bug gluckern die Wellen ganz nah an meinem Ohr. Das Wasser ist zu hören, hier unten in der Kajüte und vorn auf den Kojen. Ein leises Kleckern am Schiff, ein mittelhohes Geplätscher. Ein gemächliches Plinken und Plonken, manchmal auch ein leichtes Sabschen und Fließen, das ums Boot streicht.

Ich weiß nicht, warum es beruhigt. Aber das Plätschern des Wassers am Rumpf eines Segelschiffs beruhigt.

Nirgends schlafe ich so gut wie an Bord

Ich wollte schon mal einen Schlafforscher kontaktieren. Wie kommt es, dass ich hier an Bord neun Stunden schlafe, in der Stadt nur sechs, sieben? Liegt es am leichten Wiegen und Wanken des Schiffs? Niemand weiß es genau, aber viele kennen das Gefühl. Eine Geborgenheit. Ein hermetischer Frieden.

Es ging mal eine Freundin aus der Stadt an Bord, sie hatte noch nie zuvor ein Segelboot betreten. Alles war ihr fremd, klein, nass und kalt. Wir kamen von der Elbe, segelten über die Ostsee bis nach Dänemark. Sie war vier Tage an Bord, als sie auf eine Geschäftsidee kam.

„Du solltest die Kojen vermieten.“

„Fremde an Bord holen? Das ist mein Boot!“

„Du müsstest nirgends mit ihnen hinfahren, du müsstest ihnen nur eine Wolldecke oder einen Schlafsack geben und sie ein paar Nächte auf deinem Schiff schlafen lassen.“

„Einen Teufel werde ich tun!“

„Doch, dies ist nämlich gar kein Segelboot, das hier ist eine Schlafklinik. Du kannst damit reich werden! Noch nie habe ich so tief, so fest und so lange geschlafen.“

„Liegt an der frischen Luft“, sagte ich. „Und an diesem Schwanken.“

„An der frischen Luft und am Schwanken.“

„Und am Geräusch des Wassers.“

„Und am Rum.“

„Vielleicht liegt es an allem zusammen.“

„Ja, vielleicht.“

Am Ende ist es natürlich ganz einfach. In der Stadt gewöhnt man sich an die Stadt. Ans Sardinenbüchsendasein, mit all seinen Annehmlichkeiten. Auf dem Boot gewöhnt man sich ans Boot. Ans Sardinenleben. An Weite, Wasser, Fernblick. An wenig Menschen.

Segeln, das Weilen auf einem Boot, bedeutet das diametrale Gegenteil zu U-Bahnen, Restaurants, Büros, Wohnungen, Werbung, Autos, Straßen, Ampeln, Talkshows, Fernsehen, Lärm. Wer segelt, muss auf all das verzichten. Das ist, als nehme man ein Messer und schneide das alles in einem Strang ab. Weg ist es, futsch.

Ein schlichtes Boot aus Holz, zwei weiße Segel, eine kleine Kajüte. Was für ein wunderbares Heilmittel gegen eine Welt, die zu großen Teilen aus Hast, Geschrei und Überfluss besteht. Manchmal fragen mich die Leute: Wie lange kannst du dich der Welt entziehen, ohne etwas zu verpassen?

Und dann denke ich gelegentlich im Stillen: Wie lange muss ich mich von dieser Welt bedröhnen lassen, um am Ende alles wirklich Wichtige verpasst zu haben? Und frage mich auch dies: Was ist das überhaupt – die Welt?

Inzwischen bin ich ein wenig durch die Gegend gesegelt. Viermal über die Ostsee nördlich der Kieler Bucht, von der Flensburger Förde in den Fehmarnsund und wieder zurück. Man gewöhnt sich irgendwann auch daran, ein fast elf Meter langes Boot allein zu segeln. Das Boot im Wind zu halten, schnell die Segel zu setzen, zu navigieren, zu reffen. Und schließlich in die Häfen zu fahren und anzulegen.

Immer arbeite ich auch an Bord und reihe die Buchstaben aneinander. Für Artikel, Reportagen, Bücher. Dies ist nun einmal mein Beruf. Zum Glück ist es egal, wo ich ihn ausübe. Ich brauche meist nur meinen kleinen Computer und meinen Kopf. Und ein bisschen Ruhe, die kann nicht schaden.

Kein Sofa und kein Fernseher, was dann?

Bielefelds Lion Class, Baujahr 1964, 36 Fuß lang.
Bielefelds Lion Class, Baujahr 1964, 36 Fuß lang.

© Marc Bielefeld

Neulich segelte ich nach Dänemark, zwischen den südlichen Zipfeln Langelands und Aerøs hindurch in die Dänische Südsee. Es gibt viele Inseln dort, viele Buchten und versteckte Häfen.

Flach und beinahe maledivisch liegen die Sandbänke im Meer, die Enden der Menschenwelt, umflogen von nichts als Vögeln. Oft schwimme ich dorthin, setze mich in den Sand. Tauche am Meeresgrund ein wenig durch die Gegend und betrachte mir das Seegras. Wunderschöne Gemälde darf ich erblicken, und werde da unten manchmal traurig, dass ich kein Fisch bin.

Seit drei Monaten bin ich nun wieder an Bord; und ab und an wackele ich schon selbst ein wenig. Um mich herum nur Wasser. Am nördlichen Ufer, etwa 500 Meter entfernt, sehe ich Schilf und einige Stockenten, schaue durchs Fernglas. Im Süden ein kleiner Hafen, dort liegen Yachten und an den Pfählen vertäut vier, fünf offene Fischerboote, die noch rausfahren und meistens am frühen Morgen zu den Reusen tuckern.

Die Yacht ist älter als ich

Fünf Tage war ich nicht mehr an Land. Die gute Yacht ist schon alt, älter als ich, 52 Lenze hat sie auf dem Buckel. Ganz aus Holz gebaut, zehn Meter und 70 Zentimeter lang, zwei Meter und 80 breit. Vier Kojen gibt es an Bord, ein kleines Waschbecken, dazu drei Petroleumlampen, einen zweiflammigen Spirituskocher und eine winzige Seetoilette. Mehr nicht.

Ich habe um die 50 Bücher dabei. Keinen Fernseher, kein Sofa, kein großes Bett. Aber das macht nichts. Ich klappe den kleinen Tisch aus Teak auf, setze mich auf eine der Kojen und arbeite, schreibe meine Texte. Schwebe dabei auf dem Wasser, irgendwo in der Stille unseres Nordens.

Inzwischen summieren sich Jahre, die ich so verbracht habe. Einige haben mich deswegen schon für verrückt erklärt. Andere sagen: wie schön. So einfach und weit weg von allem.

Ich denke, ich spüre, wie es dem Boot geht. Wann es Zeit ist, aufzuklaren. Wann ein Blick in die Bilge nötig ist und wann das alte bronzene Seeventil an Backbord nachgezogen werden muss. Ich weiß, welches Fall im Wind zappelt, wann die 60 Liter Wasser nachzubunkern sind, zum Trinken, Kochen, Spülen. Ich schreibe Listen und gehe den Punkten in Ruhe nach. Die kleine Stelle an Backbord schleifen und lackieren, vorne am Kajütaufbau, da ist Farbe abgeplatzt. Den kleinen Propeller der Logge unten am Rumpf gelegentlich freitauchen.

Du reparierst dich um die Welt

Viele solcher Aufgaben sind an Bord zu erledigen. Ein ewiges Justieren, Prüfen, Schrauben, Montieren. Hören die Probleme irgendwo auf, fangen sie an anderer Stelle wieder an.

Tausend Segler haben mir das bestätigt, ihnen und ihren Schiffen gehe es genauso. Einer sagte mir mal: „Wenn du um die Welt segeln willst, musst du gar kein Segler sein. Du musst ein Bastler sein. Du reparierst dich um die Welt.“

Ich rege mich nicht mehr darüber auf. Ein leckendes Ventil, ein abgebrochenes Positionslicht, der verbogene Sicherungsbolzen am Anker. Ich schreibe die Listen und gehe die Punkte an. Ich weiß jetzt, dass es ein Gesetz ist und dass es nie aufhört. Es ist wohl ein bisschen so wie mit dem Leben.

Irgendwann, wenn du zu lange in einem Hafen, in einer Bucht liegst, sagt dir das Boot, dass es los will. Das Boot sagt das natürlich nicht wirklich. Aber es sagt es eben doch.

Ich stehe ganz hinten im Cockpit, in der Plicht, schaue zum Bug. Der ganze Rumpf strebt von hier aus betrachtet nach vorn, biegt sich in zwei schönen Linien zusammen und am Ende leicht nach oben. Der Bug erhebt sich und verschmilzt mit dem Vordersteven. Hübsch sieht das aus. Fast wie eine Pfeilspitze zeigt das Boot aufs Wasser. Und auf diese Weise sagt es dir irgendwann, wenn du nur lange genug in diesem Anblick versinkst: Schmeiß die Leinen los, Junge, ich will jetzt raus und einen großen Schluck Wind trinken.

Wie viele Seemeilen bin ich diesen Sommer gesegelt? Es sind immer zu wenige. Durch die deutsche Ostsee, ein paar Runden zu den dänischen Inseln, ein Abstecher ins Smålandsfahrwasser, wo nur weitere Inseln schwammen.

Omø, Fejø, Femø. Ich sah die hellbraunen Felder, die grünen Wiesen, die Dörfer. Die Kirchen der kleinen dänischen Kommunen. In den Gärten standen die Holzbänke unter Schatten werfenden Birken und Weiden, und die Frauen brachten Kaffee in alten, angelaufenen Silberkannen.

Freunde kamen an Bord. Wir gingen an den Stränden und Stegen baden und sprangen von Bord. Doch nun war die Zeit gekommen, eine größere Seekarte herauszukramen für ein anderes Seegebiet. Es sollte nach Norden gehen. Einfach los. Ohne Ziel, ohne Zeit. Strecke machen, ein paar Seemeilen mehr und das Boot laufen lassen.

Der nobelste Grund, einen Ausflug anzutreten

Bielefeld hat gelernt das Boot allein zu segeln.
Bielefeld hat gelernt das Boot allein zu segeln.

© Marc Bielefeld

Es gibt meines Erachtens nicht viel Schöneres, als mit einem Segelboot eine kleine Reise anzutreten. Und der nobelste Grund, einen solchen Ausflug zu machen, ist dieser: keiner.

Es war ein Sonntagmorgen, als ich die Leinen löste und hinausglitt. Von der Hohwachter Bucht vor Kiel legte ich einen Kurs nach Norden an. Vor dem Bug entrollte sich von Westen nach Osten ein ungestörter Bogen blauen Meers, Sommerwolken lagen darin wie zerfranste Daunenkissen.

Das Boot war vollgepackt mit Proviant. Spaghetti, Zwiebeln, Bananen, Avocados, Zitronen, jede Menge Dosen, dazu Bücher, Rum, ein iPod mit 6000 Songs. Das Boot und ich fuhren durch den Großen Belt und in die erste Nacht. Neun Stunden Dunkelheit lagen vor uns, neun Stunden Schwärze, durch die das Boot mit sechs bis sieben Knoten flog wie eine Raumkapsel.

Nachts segeln ist aufregend

Nachts zu segeln ist etwas anderes, etwas Aufregendes. Nur noch die hell aufgeworfenen Gischtteppiche leuchten links und rechts, wenn der Rumpf durch die See geht und das dunkle Wasser immer wieder aufs Neue zur Seite schaufelt. Wie weiße Schatten stehen die Segel über dem Meer.

Manchmal schaust du nach oben. Und manchmal ist der Himmel sternhagelvoll.

Ich ließ die Dänische Südsee und Fünen links liegen, zog weiter Richtung Kattegat, mit guten achterlichen Winden. Der Südoster pustete das Boot nur so davon, und in der Ferne sah ich einige befeuerte Tonnen und die Vektoren der fernen Leuchttürme in der Nacht.

Ich steuerte die Insel Samsø an und sah in den Lagunen einen Seehund. Den größten, den ich je in der Ostsee erblickt habe. Sein Kopf war so groß wie ein glänzender Globus.

Am nächsten Morgen setzte ich im Lee der Landzunge die Segel und ging weiter auf Kurs nach Norden. Es kamen zwei, drei Kaps, dann lag vor dem Bug die Seestrecke übers offene Kattegat.

Das Meer wurde stetig grüner. Keine blasse, graublaue Ostsee mehr, sondern durchsichtig leuchtendes Wasser. Die klare und frische Farbe eines echten Meeres. Die Insel Laesø näherte sich auf der Karte. Aber das Fleckchen Erde in der See war zu weit weg, ich würde es nicht einmal zu sehen bekommen.

Das Meer als Museum

Das Skagerrak nahte bald, und der Wind nahm weiter zu. Machtvoll blies er aus Südsüdwest, und ich konnte sehen, wie die Schaumkronen sich in Luv und Lee erhoben und ihr Spray in der Sonne flirrte wie fliegender Staub. Rundherum weiß gespicktes Meer. Der Wind riss alles davon, was ihm im Weg hing. Die Tampen am Baum, die Zeisinge an der Reling, alles wehte und flatterte in der Horizontalen. Ich blickte lange in die hellgrünen Wellen, sah ihre unendlichen Faltenwürfe und die Schaumbahnen, die sich durch ihre Täler zogen.

Unten in der Kajüte hing die Petroleumlampe schräg, das Bild hing schräg, die am Bullauge festgeknoteten Bändsel baumelten hin und her, derweil das Boot mit 30 Grad Krängung durchs Wasser rauschte. Ich blickte von innen durch die Fenster. Da lief das Salzwasser, schwappte im Bullauge.

Dann peilte ich in der Ferne einen Leuchtturm und prüfte meine Position. Ich überlegte. Wohin könnte ich nun segeln, wohin fahren? Und wo – ankommen?

Im Nordwesten lag Skagen, das Ende Dänemarks. Im Osten Schweden. Eine weitere Nachtfahrt, und ich würde im Schärengürtel nördlich Göteborgs herauskommen. Tausende kleine Inseln ruhten dort oben vor der Küste. Dann blickte ich mich um. Sah das Wasser, die Bühne des weiten und leeren Meeres um mich.

Und ich sah, was ich nicht sah. Was hier draußen nicht mehr existierte. Die große Hatz. Das Gedränge, der Irrsinn.

Ich sah die unendlichen Kräuselungen in den resedagrünen Wellentälern. Überall Zeichnungen, Radierungen, winzige Kabbelungen zwischen groben Verwerfungen. Ein verrücktes Relief, das lebte und floss, frisiert von feinen und feinsten Zerknitterungen, rundherum brachen sich die Wellen und zogen in silbrigen Hügeln von West nach Ost. Was für ein Meisterwerk. Weiß durchschäumtes Perlmuttmeer, zerfetzt vom Wind. War fast wie im Museum; doch kein Mensch versuchte, die Bilder in einen Rahmen zu quetschen.

Dann korrigierte ich leicht den Kurs. Ging auf 40 Grad und fuhr nur noch weiter auf offenes Meer hinaus. Ein kleiner Mensch auf einem kleinen Boot, ein wenig müde, aber durchaus das Gemälde vor dem Bug bestaunend: ein grenzenlos zerzauster Farbtopf, der dem Himmel seine Freundschaft anbot.

Selten habe ich die Welt so schön vergessen.

Autor Marc Bielefeld lebt bis auf die Wintermonate auf seinem Schiff.
Autor Marc Bielefeld lebt bis auf die Wintermonate auf seinem Schiff.

© http://www.loretta-berlin.de/

GLOSSAR

NOOR:

Flache, vom Meer abgetrennte Bucht

WANTEN: Seitliche Drähte zum

Abspannen des Masts

FALLEN: Taue, um die Segel aufzuheißen, also hochzuziehen

AUFKLAREN: Aufräumen

BILGE: Tiefste Stelle im inneren

Bootsrumpf, wo sich eindringendes Wasser sammelt

LOGGE: Geschwindigkeitsmesser

VORDERSTEVEN: Vordere überhängende Verlängerung des Unterwasserschiffs

ACHTERLICHER WIND: Wind, der

von hinten kommt

TAMPEN: anderes Wort für Tau

(Landratten sagen: Seil)

BAUM: Querstange zum Mast, an der das Großsegel angeschlagen ist

ZEISINGE: Kleine Bändsel, um

die geborgenen Segel zusammenzubinden

KRÄNGUNG: Schräglage

Marc Bielefeld, 49, ist freier Autor und lebt, bis auf die Wintermonate, auf seinem Segelboot, einer Lion Class von Arthur Robb, Baujahr 1964, 36 Fuß lang. Zuletzt erschien von ihm: „Gebrauchsanweisung fürs Segeln“ bei Piper. Als nächstes erscheint im Oktober: „Den Wind

im Gepäck“ (Ludwig Verlag).

Bielefelds neues Buch erscheint im Oktober
Bielefelds neues Buch erscheint im Oktober

© Ludwig Verlag

Segeln in Berlin und Brandenburg

Segeln: Selten habe ich die Welt so schön vergessen.
Segeln: Selten habe ich die Welt so schön vergessen.

© Bielefeld

SEGELN IN BERLIN UND BRANDENBURG

VORAUSSETZUNGEN 

In der Hauptstadt teilen sich Freizeit-

und gewerbliche Schifffahrt eine Wasserstraße. Darum ist Berlin das einzige Bundesland, das überall einen Segelschein zum Lenken eines Bootes verlangt – falls dessen Segel mehr als drei Quadratmeter, etwa ein Bettlaken, groß ist. Die Wasserschutzpolizei kontrolliert streng. Der „Sportbootführerschein Binnen unter

Segel“ kostet zwischen 513 und 590 Euro (z.B. in Berlins größter Segelschule „Hering“ oder seiner ältesten, „Segelschule Berlin“) und erfordert mindestens 20 Stunden Theorie und Praxis.

BOOT LEIHEN 

Kleinere Jollen und offene Kielboote

lassen sich an den großen Seen Berlins und Brandenburgs während der Saison (März bis Oktober) spontan mieten. Ein Tag Freiheitsgefühl kostet beispielsweise am Müggelsee ab 70 Euro. In Deutschland muss man dafür überall erste Kenntnisse nachweisen. Einen Grundschein stellt der Deutsche Segler-Verband aus.

LEINEN LOS!

Auf Kanälen ist Segeln wegen der Gefahr durch Frachtschiffe verboten, also: Motor an! Wer keinen Motor hat, segelt auf

einem der bekannten Seen. Auf dem

weiten Wannsee lassen sich auch größere Schiffe mit viel Tempo bewegen.

Auf dem Tegeler See ist das Segeln wegen der engen Ufer und drehenden Winde taktisch anspruchsvoller, dafür gibt es hier Fischreiher und andere Wasservögel zu beobachten. Mehrtägige Touren vom Revier Oberhavel mit dem Naturschutzgebiet um den Nieder-Neuendorfer See führen auf dem Oder-Havel-Kanal bis nach Stettin oder an die Ostsee. Das

Revier Unterhavel geht durch Potsdam und den Templiner See, vorbei an Caputh, wo schon Einstein segelte. Über die Dahme und idyllische Kanäle gelangt man bis an den Scharmützelsee.

ÜBERNACHTEN UND EINKEHREN 

Die Schilder mit der gelben Welle kennzeichnen Gastliegeplätze. Bei der Routenplanung mit Wasserwanderkarten am

besten bereits mögliche Stationen

anrufen und fragen, ob etwas frei ist. Dort kann man fern der trubeligen Häfen ruhig übernachten und auch die sanitären Einrichtungen nutzen. Wer Schiffe von Weitem bevorzugt, beißt im Loretta am Wannsee in einen Leberkäse, beobachtet Segel hoch am Wind und kommt mit

anlegenden Experten ins Gespräch. von Julia Prosinger

Marc Bielefeld

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