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God Bless America! Donald Trump will sein Land wieder groß machen.

© imago

Moritz Rinke sammelt Erinnerungen an die Gegenwart: Der wirklich allerletzte Nachsatz zu Amerika

Kann ein amerikanischer Präsident die Demokratie außer Kraft setzen?

Ein Chauvinist mit unfassbaren Sätzen über Frauen. Ein Rassist, der Muslime wie den Teufel bekämpft. Ein Nationalist, der nichts von Welthandel und Bündnissen wissen will. Ein Wutbürger, der ahnte, dass ihm der totale Angriff auf das Establishment Erfolg bringen würde, und die Welt in eine Revolution, ja, neue Zeitenwende stürzt. Die Rede ist diesmal nicht von Martin Luther, sondern von Donald Trump.

Aber zunächst zu Obama. Im Jahr, als Obama amerikanischer Präsident wurde, kam es in den deutschen Medien zu einer Obama-Heilserwartung, die sogar Luther in Bezug auf Jesus Christus für übertrieben gehalten hätte. 200 000 Menschen standen allein in Berlin um die Siegessäule herum und lauschten Obama und seiner „Yes we can“-Rede.

Ein Freund von mir, mit guten Verbindungen zum damaligen und jetzigen Außenminister Frank Walter Steinmeier, war so ergriffen, dass er alle Hebel in Bewegung setzte, um sich neben den Minister stellen zu dürfen, als dieser Obama zu transatlantischen Gesprächen empfing.

Niemand lief mehr zu Obama, acht Jahre hatten gereicht

Obamas Hand galt quasi mehr als jene des Stellvertreters Gottes, ich selbst schüttelte danach sofort die Hand des Freundes, um quasi indirekt die Hand Obamas geschüttelt zu haben. Ich habe allerdings auch schon Hände geschüttelt von Leuten, die Hände von Diktatoren geschüttelt haben. Man käme wahrscheinlich auf ganz wundervolle, aber auch schreckliche Stammbäume des globalen Händeschüttelns, wenn man das mal alles nachverfolgen würde.

Zurück zu Obama: Wir waren damals alle verrückt und ahnten natürlich noch nicht, dass der neue Präsident schon die größten Schwierigkeiten haben würde, allein eine Gesundheitsreform in seinem Land durchzusetzen. Im November 2016 lief dieser Freund nicht mal mehr zum Hotel Adlon, wo der schon ganz grau und müde gewordene Obama beim Abschiedsbesuch in Berlin residierte. Niemand lief mehr zum Präsidenten, acht Jahre hatten gereicht.

Wie viel Macht hatte dieser Präsident der USA, den wir sogar für Gott hielten? Und ist die Obama-Enttäuschung nicht jetzt die große Hoffnung? Hat nicht ein amerikanischer Präsident weder die Macht, die Welt zu retten, noch sie zu zerstören oder die Demokratie abzuschaffen?

Kann Trump also einfach so seine Gegner ins Gefängnis werfen, eine Mauer zu Mexiko bauen, zudem aus der Nato austreten, Muslime rauswerfen, die Abtreibung abschaffen, den Welthandel stoppen, die Folter wieder offiziell einführen, die Justiz unterwandern usw.?

Ein Atomkoffer in der Hand des Adjutanten in Amerika ist sicher

Gewiss, Trump wird es leichter haben als Obama: eine republikanische Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses, eine konservative Übermacht im Obersten Gerichtshof, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Kongress, dass so eine gewachsene Demokratie, wie es so schön heißt, all das mitmachen würde.

Seltsam, ich war nie ein Amerika-Anhänger, aber seit zum Beispiel der türkische Präsident sein Land verwüstet (das allerdings nie eine demokratische Tradition kannte, weshalb europäische Mahnungen selbst für liberalere Türken uninformiert und bevormundend wirken), seit Präsident Erdogan oder auch Putin machen, was sie wollen, glaube ich fest daran, dass ein Atomkoffer in der Hand des Adjutanten in Amerika immer noch sicher ist und ein amerikanischer Präsident nicht in der Lage sein wird, alle institutionellen checks and balances der Demokratie außer Kraft zu setzen.

God Bless America! Das hätte ich jetzt nicht gedacht: dass mir so ein Satz jemals aus der Feder fließen würde.

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