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Geschmacksexperten. Die Sommeliers kennen sich mit der Aromenvielfalt aus - auch bei Wasser, Brot und Bier.

© imago/Westend61

Riechen, schmecken, tasten: Die neuen Sommeliers

Ein Mundschenk empfiehlt den passenden Wein zum Essen – klar! Aber wer sind diese Experten?

Sommelier für Wasser

Warum denn das?: Distinktion. Übers Bouquet eines Spätburgunders reden kann jeder. Bei Vittel oder Evian wird die Sache schwieriger – und beeindruckend. Ergo: „Wasser ist der neue Wein.“ Behauptet jedenfalls Wassersommelier Armin Schönenberger.
Ausbildung: Zehntägiges Seminar an der Doemens-Fachakademie für Brau- und Getränketechnologie in Gräfelfing bei München. Kosten: 1995 Euro plus Mehrwertsteuer.

Das können sie: Eine anspruchsvolle Wasserkarte zusammenstellen. Und die richtige Begleitung zum Wein finden. Es gilt etwa: Tanninbetonte Rotweine passen zu stillem Wasser.

Fun Fact: Der bekannteste Wassersommelier der Welt ist ein Deutscher. Martin Riese trat sogar schon in der Late-Night-Show von Conan O’Brien auf. Das von ihm kreierte Wasser heißt „Beverly Hills 90H20“ (72 Dollar pro Flasche).

Vokabular zum Mitreden: „Angenehm feinperlig, mit einer ausgewogenen Mineralisierung.“ „Aggressiv und leicht seifig.“

Das Phänomen in einem Satz: Vergebens haben sich die Weinsommeliers „gegen die Verwässerung ihres Berufsbildes gewehrt“ („Neue Württembergische Zeitung“).

Sommelier für Brot

Warum denn das?: Rettung. Die deutsche Backkultur mit ihren mehreren hundert Brotsorten ist in Gefahr. Während handwerklich arbeitende Bäckereien verschwinden, wird in den neuen Ketten bloß Tiefkühlware aufgebacken. Da braucht es Botschafter, die die Kunde vom guten Brot verbreiten.

Ausbildung: Seit 2015. Acht Module, übers Jahr verteilt, an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim. Teilnehmen dürfen nur Meister. Kosten: 4790 Euro.

Das können sie: Als Experten Schulungen und Volkshochschulkurse geben. Brot zu speziellen Gerichten und zu Käse empfehlen.

Fun Fact: Der FC Bayern ist angeblich Fan des Brots „Sexy Alive“ der Münchner Sommelière Sonja Laböck.

Vokabular zum Mitreden: „Grasige Noten“, „ein Hauch Traubenmost“, „Weinkeller-Aromen“. Das in Zürich entwickelte „Brotaroma-Rad“ beschreibt sieben übergeordnete Geruchs- und Geschmacksnuancen, darunter „fruchtig“, „gärig“, „röstig“ und „pflanzlich“.

Das Phänomen in einem Satz: „Die Menschen machen sich erschreckend wenig Gedanken über das Brot, das sie täglich essen.“ (Bernd Kütscher, Leiter der Akademie in Weinheim)

Sommelier für Fleisch

Warum denn das?: Nachhaltigkeit. Wasserverbrauch, Treibhausgase, Tierquälerei – spätestens seit dem Buch „Tiere essen“ sind viele überzeugt, Fleisch sei verwerflich. Wer nicht gleich Vegetarier wird, isst nach der Devise: weniger, aber besser. Bloß, was ist besser?

Ausbildung: Zum diplomierten Fleischsommelier bei der Wirtschaftskammer Österreich. Kosten: 2060 Euro. Voraussetzung: Berufserfahrung mit Lebensmitteln.

Das können sie: Restaurantgästen erklären, worum es sich bei einem Chateaubriand handelt und was New York Cut bedeutet.

Fun Fact: „Wurstansprache“ nennen die Österreicher einen kleinen Vortrag, bei dem Verbrauchern leicht verständlich alles zu einem Fleischprodukt nahegebracht wird (was drin ist, mit welchem Getränk es sich kombinieren lässt etc.).

Vokabular zum Mitreden: „Leberkäse ist hellbraun, geschmeidig, flaumig und porig, der vollmundige Bratengeschmack besitzt eine Pfeffernote und bieraffine Würze.“ „US-Beef hat mehr intramuskuläres Fett als deutsches.“

Das Phänomen in einem Satz: „Die Schinkenherstellung war mein Angst-Thema in der Prüfung.“ (Der Münchner Sommelier Michael Lenort)

"Bier will auch nüchtern betrachtet werden"

Geschmacksexperten. Die Sommeliers kennen sich mit der Aromenvielfalt aus - auch bei Wasser, Brot und Bier.
Geschmacksexperten. Die Sommeliers kennen sich mit der Aromenvielfalt aus - auch bei Wasser, Brot und Bier.

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Sommelier für Käse

Warum denn das?: Weiterbildung. Wir sind hier nicht in Frankreich, jeder Deutsche kennt durchschnittlich gerade mal zehn Käsesorten. Oh là là.

Ausbildung: 14-tägiger Lehrgang zum Diplom-Käsesommelier im European Cheese Center (ECC) Hannover, dem „einzigartigen Käseerlebniszentrum“. Kosten: 1800 Euro.

Das können sie: Beratung im Supermarkt oder Feinkostgeschäft. Dort und anderswo Sorten aus aller Welt sowie deren Herstellung präsentieren. Käse zu Wein empfehlen.

Fun Fact: Wer noch „keine oder nur wenig Erfahrung im Umgang mit Käse“ hat, kann beim ECC ein zweitägiges Start-up-Seminar besuchen. Diese Fachschulung zum „Käse-Consellier“ kostet 295 Euro.

Vokabular zum Mitreden: „Die Süße von Eiswein harmoniert gut mit dem metallischen Geschmack von Blauschimmelkäse.“ „Sandig, nussig, weinig, muffig, erdig, Bruchlochung, Rotkulturreifung.“

Das Phänomen in einem Satz: „Pure Leidenschaft für alte und junge Stinker“ („Passauer Neue Presse“)

Sommelier für Bier

Warum denn das?: Orientierung. Früher gab’s Pils, Weizen und wenig mehr. Mit der Craft-Beer-Welle kommen ständig neue Kreationen auf den Markt, mit Namen wie „Samuel Smith Oatmeal Stout“ oder „Ugly Duck Hop Devil IPA“. Wer sieht da noch durch?Eben.

Ausbildung: In „Kiesbye’s Bierkulturhaus“ bei Salzburg. Den Titel Biersommelier (Mittelstufe) gibt es schon nach insgesamt sechs Tagen, Kosten: rund 1200 Euro.

Das können sie: Die Geschichte des Brauens und seine Technik erklären. Sie wissen, wie man Bier beschreibt und zu welchem Essen man welche Sorte reicht.

Fun Fact: Amtierender Sommelier-Weltmeister ist der Italiener Simonmattia Riva. Sein Vize kommt aus Norddeutschland: Frank Lucas von der Brauerei Störtebeker.

Vokabular zum Mitreden: „Feincremiger bis sahniger Schaum.“ „Bernsteinfarben.“ „Hopfenaromatisch, Aromen von Zitrone und Aprikose.“ „Im Antrunk schlank, dann angenehm frisch.“ „Im Nachtrunk feinherb.“

Das Phänomen in einem Satz: „Bier ist ein emotionales Produkt, das manchmal auch nüchtern betrachtet werden will.“ (Kiesbye’s Bierkulturhaus)

Sommelier für Gewürze

Warum denn das?: Verfeinerung. Essen ohne sie wäre eine traurige Angelegenheit: Auch die Welt der Gewürze wird immer vielfältiger und unübersichtlicher. Also braucht es Spezialisten, die wissen, wie man ihr Potenzial optimal zur Wirkung bringt.

Ausbildung: Am „Kompetenzzentrum Ernährung“ in Kulmbach, sechs Seminarblöcke à zwei Tage. Die Kosten (1690 Euro) kann umgehen, wer eines von drei Stipendien gewinnt.

Das können sie: „Food-Pairing“ und „Food-Completing“. Gewürzsommeliers wissen auch alles über Geschmack und Wirkung von Garten- und Wildkräutern.

Fun Fact: Im Rahmen der Ausbildung kommt es zum Schaulaufen der Sommeliers. Ein Wein-, Edelbrand-, Bier- und Käse-Sommelier referiert jeweils zum Thema Gewürze.

Vokabular zum Mitreden: Der Experte spricht von der „Spitze“, dem „Körper“ und dem „Boden“ eines Salzes.

Das Phänomen in einem Satz: „Investition in die Zukunft der Gewürzkompetenz“ (Adalbert-Raps-Stiftung)

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