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Die DJH Jugendherberge am Ostkreuz ist die größte der Stadt. 445 Betten gibt es hier.

© promo

Touristin in der eigenen Stadt: Eine Nacht in der Jugendherberge am Ostkreuz

Das Reiseziel weckt bei unserer Autorin Visionen von Schlafsälen, Margarinestullen und Früchtetee. Sie wagt es trotzdem.

Brachen überwuchert von Unkraut: Das ist meine Assoziation, wenn ich auf einer Anzeigetafel der S-Bahn „Ostkreuz“ sehe. Kombiniert man das mit dem Ziel – der dort ansässigen DJH-Jugendherberge – und seiner Anmutung von Margarinebrot mit Hagebuttentee, kann das eigentlich nur in einen Kurzurlaub des Grauens münden. Dachte ich. Vorsichtshalber hatte ich ein Handtuch eingepackt, den guten Schmuck zu Hause abgelegt, das Smartphone gegen ein altes Handy eingetauscht. Man weiß ja nie, in was für einem Schlafsaal man landet.

Kein Telefon, aber Gummibärchen

Und dann das! In dem großen roten Backsteinbau haben alle Zimmer eigene Bäder, und keines hat mehr als sechs Betten. In meinem Einzelzimmer (36,50 Euro die Nacht) steht vor dem Fenster ein schmaler, sehr praktischer Schreibtisch, auf dem frisch bezogenen Kopfkissen wartet ein Tütchen Weingummi als Betthupferl, gegenüber vom langen Spiegel geht es in ein blitzsauberes Bad mit reichlich Ablageflächen. Flauschige weiße Handtücher, Seife, Shampoo. Die sichere Tür öffnet sich wie im Hotel mit einer Karte. Es gibt allerdings weder Telefon noch Fernseher, aber damit kann man die Generation Smartphone ja nicht schrecken.

Auf dem Abend-Büfett warten vegetarische Lasagne, Eierkuchen mit Heidelbeerfüllung und eine appetitliche Salatauswahl. Kinder tragen Teller voller Bratwürstchen mit Tomatensauce und Kartoffelecken vor sich her. Fast nur nette, junge Familien sind hier. Draußen vor der geräumigen Terrasse fliegen die Schaukeln hoch.

Auf in die berüchtigte Simon-Dach-Straße

Als Abendprogramm geht es los in die 15 Minuten entfernte Simon-Dach-Straße, das berüchtigte Epizentrum des Tourismus, vorbei an einem veganen Dönershop, Yoga-Studios und einem schrägen Laden namens „Aufschnitt Berlin“, in dem es Kissen in Wurst- und Schinkenform gibt. Mein sicherheitshalber eingepackter Reiseführer empfiehlt für Mitbringsel den „Intershop 2000“, da gibt es Brausepulver, Schnäpse und lustige Postkarten wie in der DDR. Weiter geht es auf in „Die Zukunft“, einem laut Buch „hübschen Abenteuerort“, in dem die Off-Kultur-Szene zu Hause sein soll. Auf der Suche bleibe ich kurz in einer kleinen Bar hängen. „Komm rein“, rufen einige fröhlich kiffende junge Leute. Bunte Wimpel, Sand, Strandkorb, gemaltes Meer und eiskaltes Bier am Kiosk. Sehr charmant. „Die Zukunft“ wirkt danach geradezu schnarchig arriviert.

Den Absacker trinke ich natürlich in der jugendherbergseigenen „Ostkreuz Lounge“, ein schönes Glas Riesling. Echter Alkohol in einer Jugendherberge – wie verrucht das Leben sein kann!

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