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Lothar, der Schwiegervater des Fotografen, in seiner Neuköllner Wohnung.

© Christoph Schieder

Was bleibt, wenn ein Mensch stirbt: Lothars Wohnung

Ein Leben und die Leere danach. Christoph Schieder hat beides fotografiert. Es wurden Bilder mit anrührender Wirkung.

Kleiner kam ihm dieses vertraute Zuhause plötzlich vor. Als der Berliner Fotograf Christoph Schieder die Wohnung seines Schwiegervaters betrat, war sie leer. Lothar war tot. 30 Jahre lang hatte der knorrige Mann dort gelebt, kaum je etwas daran verändert. Dritter Stock, Hinterhof. Mitten in Neukölln, aber ganz für sich. „Ein Eremit“, so nennt Schieder ihn. Im Ostteil der Stadt ist er nie gewesen. „Er wollte nicht.“ Auch als er kaum noch gehen konnte, wollte er nicht raus. Schieder, 47, stellte seine Kamera auf und fotografierte die renovierten Räume aus derselben Perspektive wie schon zu Lebzeiten des Bewohners. „Was bleibt, wenn wir gehen“, hat er nun sein Buch „Lothars Wohnung“ im Untertitel genannt. Heute lebt der Liedermacher und einstige DDR-Dissident Stephan Krawczyk hier; er hat untenstehenden Text dazu geschrieben.

Lothar in seiner Küche
Lothar in seiner Küche

© Christoph Schieder

Die Küche nach seinem Tod.
Die Küche nach seinem Tod.

© Christoph Schieder

Die Bilder "Lothars Wohnung. Was bleibt, wenn wir gehen" hängen bis zum 10. Januar in der Galerie im Tempelhof Museum (Alt-Mariendorf 43). Am 18. November um 19 Uhr stellt Christoph Schieder dort sein gleichnamiges Buch vor (Chrismon Verlag, 16,90).

Mehr unter http://www.christophschieder.com

Glücklich - unglücklich

Der Flur zu Lebzeiten.
Der Flur zu Lebzeiten.

© Christoph Schieder

Der Flur nach Lothars Tod.
Der Flur nach Lothars Tod.

© Christoph Schieder

Selbst Raum zu werden

Von Stephan Krawczyk

Der Ort, wo wir schlafen, kochen, waschen, backen, braten, bügeln, fernsehen, uns pflegen, den wir vorrichten, einrichten, mieten oder kaufen, dessen Fenster wir putzen, dessen Boden wir saugen, bohnern, wischen, der Ort, wohinein wir alles stellen, legen, hängen, was uns nah sein soll, wo wir mal glücklich, mal unglücklich oder beides im Wechsel wie Tag und Nacht unsre Gefühle zwischen die Wände stapeln (jedes Ding hat seine Geschichte), wo uns die Ängste beschleichen, wenn die ungewisse Stille kommt. Das Licht geht aus, geht an, die Wege sind von da nach dort, fast immer durch mindestens zwei Türen, an dem Ort fließt Wasser, kalt und heiß, Tränen fließen an dem Ort, Lachen plätschert, versunken sitzen wir an dem Ort und denken über die Ränder nach. Über die Dielen tappt Unabhängigkeit. Wir stehen und blicken hinaus, sind allein an dem Ort oder nicht. Aber irgendwann meistens doch. Allein mit dem Bild von der äußeren Welt. Und im Nachhall des Lebens bleibt nichts! Vielleicht gelingt es auch den Neuen, selbst Raum zu werden!

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