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Branson

© dpa

SpacheShipTwo: Nach den Sternen greifen

Richard Branson lässt Touristen ins All fliegen – mit einem echten Raumflug ist das nicht zu vergleichen.

Richard Branson wollte schon immer hoch hinaus. Jetzt greift er nach den Sternen. Mit seinem Mischkonzern für Billigflüge, Brautmode und Mobilfunk stieg der britische Selfmademan zu einem der erfolgreichsten Unternehmer der Welt auf. Mit seinem Talent für spektakuläre PR-Aufritte und einem Gespür für Mainstream machte er sich selbst zur Marke.

Nun strebt der Duzfreund von Prinz Charles nach noch Höherem. Unter dem Label Virgin Galactic wollte der Milliardär in der vergangenen Nacht in der kalifornischen Mojave-Wüste sein Raumschiff „SpaceShipTwo“ vorstellen.

Das Raumschiff, das Platz für zwei Piloten und sechs Passagiere bietet, soll nach Testflügen im kommenden Jahr spätestens 2012 zur ersten Reise ins All starten. Trotz des Preises – 200 000 Dollar – gibt es bereits eine Warteliste von mehr als 300 Menschen, die auf 110 Kilometer Höhe aufsteigen und fünf Minuten Schwerelosigkeit genießen wollen, bevor sie zur Erde zurückgleiten. Auf der Liste der suborbitalen Raumfahrttouristen finden sich Physiker Stephen Hawkins, X-Men-Regisseur Bryan Singer sowie die Unternehmerin Sonja Rohde aus Hagen. Sie will als erste deutsche Frau ins All reisen.

Bransons Unternehmen Virgin Galactic arbeitet seit fünf Jahren unter größter Geheimhaltung zusammen mit dem US-Flugzeugdesigner Burt Rutan an dem Projekt. Rutan war auch der Entwickler von „SpaceShipOne“, das 2004 dreimal aus der Mojave-Wüste ins All vorstieß. Ganz problemlos verlief das Projekt nicht. 2007 wurden bei einer schweren Explosion auf einem Testflug drei Techniker getötet. Das Raumfahrtbusiness ist etwas risikoreicher und teuerer als Bransons sonstige Unternehmen. Für fünf kommerzielle Raumschiffe wollen er und seine Partner in den nächsten Jahren 400 Millionen Dollar ausgeben. Der 59-Jährige wagte schon immer einen höheren Einsatz als seine Kollegen. Und hatte dabei meist Erfolg. Spaß haben, mutig sein, sich Herausforderungen stellen, das gehört zum Erfolgsrezept des Milliardärs, der die Mittelschule gerade so eben absolvierte und nie auf eine weiterführende Schule ging. Und dessen Karriere 1968 mit der Eröffnung eines kleinen Plattenladens und eines Tonstudios names Virgin Records in London begann. Branson, ein Legastheniker, hatte schon damals ein gutes Gespür. Heute gehören ihm Eisenbahnen, Mobilfunkanbieter, Finanzunternehmen, Brautmode und ein Kondomhersteller. Branson beschäftigt mehr als 50 000 Menschen in mehr als zwei Dutzend Ländern. Zum Typ unauffälliger Chef dagegen gehörte Branson nie. Vielmehr gibt er gern den zottelhaarigen Rebellen, der lieber mit dem Heißluftballon die Erde umrundet oder die schnellste Atlantiküberquerung wagt. Je publizitätsträchtiger seine Auftritte, desto besser.

Sein soziales Engagement bringt er unter anderem in seiner Aidsstiftung ein. In den vergangenen Jahren engagierte er sich zudem für Prinz Charles’ Regenwaldprojekt. Branson denkt nie klein. So gilt seine jüngste Begeisterung dem Erhalt des Planeten. Mit seinem Virgin Green Fund, seiner grünen Investmentgruppe, will er das gesamte Spektrum von „clean tech“, der aufstrebenden grünen Industrie, abdecken. Und seine Liebe zu Mutter Erde münzt er nun gar in ein Argument für Virgin Galactic um. Denn vom umweltpolitischen Standpunkt ist der zweieinhalbstündige Flug nicht gerade ein „grünes“ Unterfangen. Sicher, sagt Branson. Gleichzeitig jedoch würden die Raumfahrttouristen erkennen, wie schön die Erde doch sei und wie wichtig deshalb der Kampf gegen die Umweltzerstörung.

Seine geplanten Flüge ins All sind mit einem wahren Raumflug, wie ihn Astronauten absolvieren, nicht vergleichbar. In Bransons Maschine ist es deutlich komfortabler und weicher. Die US-Raumfähren und die russischen Sojus-Kapseln steigen auf dem Weg zur Internationalen Raumstation ISS bis auf eine Höhe von 350 Kilometern. Um bei der Rückkehr zur Erde nicht von der Atmosphäre abzuprallen, benötigen sie eine Geschwindigkeit von 27 000 km/h, was für die enorme Reibungshitze sorgt. Deshalb haben sie einen starken Hitzeschild.

Den braucht Branson nicht. Der Weltraumflug bei Virgin Galactic führt nur an den Rand des Weltalls. Gestartet wird mit dem Trägerflugzeug White Night Two, das Richard Branson nach seiner Mutter auf den Namen „VMS Eve“ getauft hat, wobei die drei Buchstaben für „Virgin Mothership“ stehen. Dieses „Mutterschiff“ hat vier klassische Strahltriebwerke vom Typ Pratt & Whitney PW308, wie sie sonst an Geschäftsreisejets zum Einsatz kommen.

In der Mitte unter der Tragfläche wird dann der eigentliche Raumgleiter, „SpaceShipTwo“, eingehängt. Von „VMS Eve“ wird das SpaceShipTwo auf eine Höhe von 15 Kilometern geschleppt, normale Verkehrsflugzeuge operieren auf Langstrecken in Höhen um die zwölf Kilometer. Dort wird der Raumgleiter ausgeklinkt, dann zünden die Piloten das eigene Raketentriebwerk.

Kommt bei klassischen Weltraummissionen die brisante Kombination von Wasser- und Sauerstoff als Treibstoff zum Einsatz, hat man für SpaceShipTwo eine ungefährlichere Zusammensetzung gewählt. Es handelt sich um einen Hybridmotor, bei dem Lachgas anstelle von Sauerstoff über einen Trockenbrennstoff geleitet wird.

Das Raketentriebwerk beschleunigt SpaceShipTwo in nur zwei Minuten Brennzeit auf über dreifache Schallgeschwindigkeit und katapultiert den Raumgleiter in einer ballistischen Flugbahn in die Thermosphäre. Das nach offizieller Definition bei 100 Kilometern beginnende Weltall wird ein wenig überschritten. In einer Höhe von 110 Kilometern werden die Fluggäste für rund fünf Minuten schwerelos durch die Kabine schweben und den grandiosen Ausblick aus den riesigen Fenstern genießen.

Anschließend gleitet die Raumfähre wie ein Segelflugzeug zum Boden zurück und landet rund zweieinhalb Stunden nach dem Start wieder auf dem Spaceport im US-Bundesstaat New Mexico.

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