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Getümmel vor dem Gericht. Ex-Bürgermeisterin Marisol Yague.

© Reuters

Spanien: Korruption in Marbella: Das kam der Justiz spanisch vor

Bestechung, unrechtmäßige Bereicherung, Bauspekulation: Marbella war in der Hand einer Mafia – jetzt stehen Ex-Bürgermeister und Ex-Beamte vor Gericht.

Das Prinzip war einfach. „Wenn ich kein Schmiergeld bekomme, unterschreibe ich keine Papiere.“ Nach diesem einfachen Grundsatz wurden jahrelang die Bauanträge im Rathaus des berühmten südspanischen Bade- und Jetsetortes Marbella bearbeitet. Sagenhafte 460 Millionen soll die Korruptionsmafia aus Bürgermeistern, Baubeamten und Bauunternehmern ergaunert haben. Nun stehen sie im größten Korruptionsprozess der spanischen Geschichte in der Costa-del-SolHauptstadt Malaga vor Gericht.

Wie aus dem Ei gepellt, mit Anzug und Krawatte, korrekt geschnittenem grauem Haar, sitzt der Hauptbeschuldigte Juan Antonio Roca vor den Richtern. Neben ihm, sicherheitshalber, gleich drei Polizisten. Auf den Bänken dahinter drängeln sich in mehr als zehn Reihen die weiteren Angeklagten, 95 sind es insgesamt. Roca, Ex-Berater diverser Bürgermeister, gilt als Gehirn jenes Bestechungsnetzes, das mindestens 15 Jahre lang eine ganze Stadt im Griff hatte. Und am Gesetz vorbeiregierte. In einer Stadt, in der lange Zeit Könige, Ölscheichs und Hollywood-Schauspieler Glanz verbreiteten. Bis die Stadt, die den unseligen Ruf hatte, dass man sich hier für Geld alles bis hin zum Bürgermeister kaufen konnte, im Korruptionssumpf versank.

Marbella lockte zuletzt vor allem russische Neureiche an. Aber erstaunlicherweise auch First Lady Michelle Obama, die diesen Sommer zum Shoppen einschwebte.

Zwei Lastwagen transportierten Aktenordner mit Beweismaterial zum Gericht, in denen auf mehr als 200 000 Seiten die Machenschaften des kriminellen Netzwerks dokumentiert sind.

Bestechung, unrechtmäßige Bereicherung, Bauspekulation. Schmiergeldzahlungen, die unsauberen Immobiliengeschäften den Weg bahnten. „Das war eine Art Steuer“, die das Mafianetz im Rathaus für jeden Handschlag verlangte, sagen die Untersuchungsrichter, welche fünf Jahre lang in dem Korruptionsskandal ermittelten. Der mutmaßliche Strippenzieher Roca leistete sich ein millionenschweres Luxusleben mit Palästen, Rassepferden, antiken Luxusautos, einem Tiger, einer wertvollen Gemäldesammlung. Sogar an der Wand seiner Toilette hing ein Bild des berühmten Künstlers Miro. Roca soll übrigens auch in einen unsauberen Grundstücksdeal mit James-Bond-Darsteller Sean Connery verwickelt sein, der ebenfalls viele Jahre zu den Marbella-Stammgästen zählte. Ein Jahr wird es dauern, bis die Richter in Malaga diesen Mega-Korruptionsfall aufgearbeitet und ihre Urteile gesprochen haben werden.

Nicht nur über Roca, für den der Staatsanwalt 30 Jahre Haft fordert. Sondern auch über Ex-Bürgermeister Julian Munoz, seine Nachfolgerin Marisol Yague oder auch den Ex-Präsidenten des Fußball-Erstligaklubs Sevilla, Jose Maria Gonzalez, der als Bauunternehmer Rechenschaft ablegen muss. Auch mehrere Stadträte, Anwälte und sogar ein Ex-Fußballprofi müssen sich verantworten. Als wahrer Kopf des Korruptionsnetzes in Marbella gilt freilich der inzwischen verstorbene Bürgermeister und Baulöwe Jesus Gil („Das Gesetz bin ich“), der Roca 1991 als seinen Vertrauten ins Rathaus holte. Als das Netzwerk 15 Jahre später, im Jahr 2006, aufflog, setzte Spaniens sozialistischer Regierungschef Jose Luis Zapatero den gesamten Stadtrat ab. Ein bis dahin einmaliger Vorgang in Spanien. Zapatero sagte der Korruption im ganzen Land den Kampf an.

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