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Viel Arbeit mit krummem Rücken - Spargelernte.

© Uwe Anspach/dpa

Spargelsaison: Harte Handarbeit

In Beelitz geht an diesem Wochenende die Spargelzeit los – und wo in den letzten Monaten Geflüchtete schliefen, ruhen sich nun Saisonkräfte aus.

Auf den Feldern von Jürgen Jakobs, 250 Hektar sind sie groß, standen am Donnerstag rund 50 Spargelstecher aus Polen und Rumänien. In der gesamten Erntezeit werden es 350 Hilfskräfte sein. Sie schlafen sechs bis acht Wochen lang im Landmotel des Beelitzer Hofs, wo in den vergangenen Monaten Geflüchtete untergekommen sind. Bis jetzt, zum Start der Saison. Die Spargelstecher stehen in der Früh auf, ernten die weißen Stangen, legen sich am Abend, müde vom Tag, hin. Seit vergangenem Jahr bekommen sie dafür den Mindestlohn.

An diesem Wochenende stehen die ersten Spargelstangen in den Hofläden der Beelitzer Bauern zum Verkauf. Weil es die letzte Zeit recht kühl gewesen ist, beginnt die Ernte in der Region zunächst einmal im Kleinen. Jürgen Jakobs rechnet aber schon in der nächsten Woche mit einer größeren Menge. Dann wird ein Kilo Spargel in seinem Hofladen in Beelitz zwischen zehn und 15 Euro kosten. Bei weiter steigenden Temperaturen und steigendem Angebot sinke der Preis in den Tagen danach auf unter zehn Euro. Wegen des milden Winters rechnet Jakobs mit einer guten, vielleicht einer sehr guten Ernte in diesem Jahr. Der offizielle Beginn der Saison in Beelitz ist der 14. April. Spätestens dann soll die Spargelzeit in ganz Deutschland beginnen.

Brandenburg ist das drittgrößte Anbauland

In Vetschau, Oberspreewald-Lausitz, wird der Spargel etwas später gestochen als in Beelitz. Anfang kommender Woche sei es so weit, sagte Eckard Kuhl, Geschäftsführer der Spargelbau GmbH Sallgast und der Spreewälder Spargelbau GmbH und Co.KG. Die Böden seien dort lehmiger, der Spargel etwas tiefer gepflanzt. Kuhl rechnet für die kommende Woche mit einem Preis von sechs bis zwölf Euro pro Kilo. Wie Jakobs ist er optimistisch, sagt aber auch, dass schlechtes Wetter den guten Start schnell relativieren könne.

Im vergangenen Jahr wurde mit 15900 Tonnen die geringste Ernte seit Jahren eingefahren. Es war zu trocken und die Nächte oft kalt. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Spargelerträge in Brandenburg laut dem Gartenbauverband Berlin-Brandenburg aber zugenommen – von knapp 45 Dezitonnen pro Hektar 2006 auf knapp 54 in 2015. Gründe seien eine steigende Nachfrage nach regionalem Gemüse und verbesserte Anbautechnologien mit Planen, die den Boden warm halten. Das Anbaugebiet ist in dem Zeitraum von etwa 2600 auf rund 2860 Hektar gewachsen. 1300 Hektar davon gehören zum traditionsreichen Beelitzer Anbaugebiet. Im bundeweiten Vergleich ist Brandenburg nach Niedersachsen (4443 Hektar) und Nordrhein-Westfalen (3453 Hektar) das drittgrößte Spargelland.

Mindestlohn gilt seit vergangenem Jahr

Der Mindestlohn gilt in der Branche seit vergangenem Jahr. Gegen erheblichen Widerstand der Bauern. Aufgrund eines Tarifvertrags liegt er aktuell noch etwas unter dem gesetzlichen Niveau von 8,50 Euro, wird aber schrittweise angepasst. Nach Einschätzung des Bauernverbandes müssten die Verbraucher bei einem Stundenlohn von acht Euro im Westen und 7,90 Euro im Osten wegen der gestiegenen Lohnkosten 30 bis 50 Cent mehr pro Kilo zahlen. Ob sie dazu und zu weiteren Preissteigerungen in den Folgejahren bereit seien, müsse sich zeigen, heißt es.

In Beelitz klingt das anders. Manfred Schmidt vom „Verein Beelitzer Spargel“ habe mit vielen Bauern gesprochen und diskutiert. „Wenn sie mehr für Personal ausgeben müssten, würden sie eher woanders sparen“, sagt er. Auch Jürgen Jakobs meint, der Preis werde vielmehr von der Marktsituation bestimmt. „Die Saisonarbeiter bekommen vielleicht etwas mehr, aber wir haben auch davor vernünftiges Geld gezahlt“, sagt er. Weil der Mindestlohn in Polen bei rund 2,30 Euro und in Rumänien noch weiter darunter liege, sei die Arbeit unter Polen und Rumänen beliebt. Die Liste der Bewerber war wieder einmal länger als die Liste derer, die nun auf den Feldern schuften.

Viele Bauern sind von Bürokratie genervt

Wer sich für die Belange der Saisonarbeiter einsetzt, ist die DGB-Einrichtung „Faire Mobilität“. „Im Großen und Ganzen wird der Tarifvertrag wohl eingehalten“, sagt Dominique John. Plumpe Unterzahlungen kämen kaum vor, Verstöße gebe es eher im Detail, berichtet er von den Erfahrungen aus 60 Betriebsbesuchen in Brandenburg und Rheinland-Pfalz aus dem Vorjahr. Häufig sei der Mindestlohn aber an eine Akkordgrenze gebunden, die mindestens erreicht werden müsse. Schafft ein Arbeiter die Anforderung nicht, drohe schnell die Entlassung.

Weswegen es eher Ärger gebe, seien intransparente Stundenabrechnungen, die oft erst zum Ende des Arbeitseinsatzes vorgelegt werden müssten. Auch würden die vom Lohn abzuziehenden Beträge für Kost und Logis oft nicht klar genug benannt werden. Hier könnten schärfere Kontrollen Verbesserungen bringen, meint Dominique John. Die Bauern sind von der Dokumentationspflicht wiederum genervt. Mit dem geltenden Mindestlohn müssten sie aufschreiben, wann die Hilfskräfte anfangen zu arbeiten, wann sie Pausen machen, wann sie fertig sind. Kommt der Zoll, muss das Protokoll vorgezeigt werden. „Nur sind das meist kleine Höfe und keine Industriebetriebe mit einer eigenen Verwaltung“, sagt Hans-Dieter Stallknecht vom Deutschen Bauernverband.

Wo die Geflüchteten untergekommen sind? Jetzt, wo die Saisonkräfte aus Polen und Rumänien kommen? „Sie wohnen im Pfötchenhotel“, sagt Jürgen Jakobs. 13 Kilometer von seinem Landmotel entfernt, wo sie wahrscheinlich noch schlafen, wenn die Spargelstecher vor Sonnenaufgang aus ihren alten Betten steigen.

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