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Spektakulärer Prozess: Beatles-Produzent wegen Mordes vor Gericht

Seit dem Prozess gegen O.J. Simpson hat kein Mordprozess in den USA solches Aufsehen erregt: Phil Spector wird vorgeworfen, vor vier Jahren die Schauspielerin Lana Clarkson erschossen zu haben.

Los Angeles - Zum Auftakt des Verfahrens zeichnete die Anklage ein finsteres Bild des Starproduzenten. Spector werde unter bestimmten Umständen "böse und gefährlich", sagte Staatsanwalt Alan Jackson in seinem Eröffnungsplädoyer vor dem Kammergericht in Los Angeles. Die Anklage wirft dem exzentrischen Starproduzenten vor, vor vier Jahren die Schauspielerin Lana Clarkson in seiner Villa in Los Angeles erschossen zu haben. Sie will nachweisen, dass Spector eine geladene Pistole in ihren Mund gesteckt und dann abgedrückt hatte. Die Verteidigung beteuert Spectors Unschuld.

Mit Hilfe von mehreren Zeuginnen will Staatsanwalt Jackson nachweisen, dass Spector schon seit Jahrzehnten immer wieder gewalttätig gegenüber Frauen wurde. Einer ehemaligen Freundin soll er sogar zweimal eine Pistole gegen die Schläfe gehalten haben. Meist sei er in volltrunkenem Zustand in Rage geraten, wenn die Bekanntschaften sein Haus verlassen wollten, sagte Jackson. Lana Clarkson sei dabei sein letztes Opfer gewesen.

Anwalt klagt über Vorverurteilung

Staranwalt Bruce Cutler hielt dagegen an Spectors Version fest, wonach Clarkson versehentlich in betrunkenem Zustand Selbstmord begangen hat. Er warf der Polizei Vorverurteilung vor: Sie sei sofort von einem Mord ausgegangen, als sie von dem Tod Clarksons gehört habe. Gleichzeitig zog der Verteidiger die Glaubwürdigkeit der angekündigten Zeuginnen in Zweifel - diese hätten auch nach Clarksons Tod Beziehungen zu dem Produzenten gehabt.

Clarkson hatte Spector im Februar 2003 in einer Bar in Hollywood kennengelernt, in der sie als Kellnerin arbeitete. Die damals 40-Jährige, deren Karriere als Schauspielerin in zweitklassigen Filmen bereits beendet war, fuhr mit dem Starproduzenten in seine schlossähnliche Villa. Dort fand die Polizei am nächsten Morgen ihre Leiche. Die Anklage zeigte den Geschworenen am Mittwoch eine grausige Aufnahme vom Tatort: Darauf ist zu sehen, wie Clarkson über und über mit Blut bedeckt zusammengesunken auf einem Stuhl im Eingang der Villa sitzt, das Gesicht von einer Schusswunde entstellt.

Schwer belastet wird der Produzent von seinem Fahrer Adriano De Souza, der in der Mordnacht in der Auffahrt des Anwesens wartete. Dieser sagte vor den Ermittlern aus, Spector sei mit einer Pistole in der Hand aus dem Haus herauskommen und habe gesagt: "Ich glaube, ich habe gerade jemanden umgebracht." Der Staatsanwalt spielte den Mitschnitt von De Souzas Notruf ab: "Ich glaube, mein Chef hat jemanden umgebracht", sagte der Chauffeur in der Aufnahme und fügte hinzu, dass Spector eine Waffe getragen habe.

Kameras im Gerichtssaal

Erstmals seit dem Mordprozess gegen O.J. Simpson sind in dem Verfahren gegen Spector wieder Kameras im Gerichtssaal zugelassen. Sie zeigten immer wieder Bilder eines sichtlich aufgewühlten Angeklagten im beigefarbenen Anzug und violettem Hemd, dem die Hände zitterten.

Spector ist einer der einflussreichsten Produzenten im Bereich der Rock- und Popmusik. Er hatte unter anderem die legendäre Beatles-LP "Let it be" und die ersten Solo-Alben der Ex-Beatles John Lennon ("Imagine") und George Harrison ("All Things Must Pass") produziert. Auch mit Elvis Presley, Ike und Tina Turner, den Ramones sowie den Ronettes arbeitete er zusammen. Legendär ist vor allem seine als "Wall of Sound" bekannt gewordene Aufnahmetechnik.

Vor mehr als 25 Jahren beendete er jedoch seine Karriere - seitdem trat er in der Öffentlichkeit mehr und mehr als Exzentriker und Waffennarr in Erscheinung. Wenige Wochen vor Clarksons Tod bezeichnete er sich in einem Interview als "relativ geisteskrank" und sagte, er werde von "Teufeln" in seinem Inneren gequält. Spector befindet sich gegen Kaution in Höhe von einer Million Dollar (756.000 Euro) auf freiem Fuß. Im Falle seiner Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. (tso/AFP)

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