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Untersuchungsobjekte. Überall werden jetzt Sprossen und Keimlinge untersucht – und die Essgewohnheiten besonders gesundheitsbewusster Menschen analysiert.

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Sprosse für Sprosse: Ehec-Ermittlungen gehen weiter

Jetzt werden betroffene Sprossenarten eingekreist. Eventuell sind auch Samen und dadurch selbst gezogenes Gemüse mit dem Ehec-Erreger belastet.

Am Wochenende hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor dem Verzehr selbst gezogener Sprossen gewarnt. Es hätten sich Hinweise darauf ergeben, dass das Saatgut für Sprossen und Keime mit dem Ehec-Erreger belastet sei. Aus Niedersachsen wurde ein Fall berichtet, bei dem sich eine Familie möglicherweise durch selbst gezogene Sprossen mit dem Erreger infizierte.

„Wenn bereits die Samen mit Keimen belastet sind, dann schützt auch die Einhaltung von Küchenhygieneregeln nicht vor einer Ehec-Erkrankung“, sagte BfR- Präsident Andreas Hensel. „Aus Vorsorgegründen empfiehlt deshalb das BfR, derzeit auch auf den Verzehr selbst gezogener roher Sprossen zu verzichten.“

Sprossen werden von manchen Konsumenten selbst gezogen. Sei es als Dekorationsersatz für die weit verbreiteten Petersilienröschen oder Tomatenviertel, sei es als Nahrungsergänzungsmittel. Mancher schwört auf die hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalte in den Keimen. Dabei gibt es kaum Belege für einen messbaren Nutzen der Sprossen für die Gesundheit. Zumindest Brokkolisprossen, die auch jetzt im Fokus der Ermittler stehen, enthalten relativ viel Sulforaphan. Diese Verbindung hat im Tierversuch das Wachstum von Krebszellen behindert.

Weiterhin ungeklärt ist die Frage, wie die Ehec-Erreger die positiv getesteten Sprossen erreichten. „Der Verdacht, dass bereits das Saatgut verunreinigt wurde, ist eine neue Spur, darüber können wir noch nicht viel sagen“, sagt Annemarie Käsbohrer vom BfR. Im Referenzlabor des Bundesinstituts liefen Untersuchungen an mehreren Sprossen- und Saatgutproben, doch es werde noch einige Tage dauern, bis mit Ergebnissen zu rechnen sei, sagt sie. „Wir müssen das Saatgut anquellen und keimen lassen, das dauert nun mal.“ Zudem sei Ehec nicht so leicht nachzuweisen. Es müssen Bedingungen geschaffen werden, damit die Erreger sich so weit vermehren, dass sie von den Forschern detektiert werden können.

Vorerst müssen die Experten alle Kontaminationswege in Betracht ziehen, was ihre Detektivarbeit deutlich erschwert. Das Saatgut könnte bei der Lagerung verunreinigt worden sein, ebenso wie beim Transport oder schon beim Anbau. Vielleicht wurde die Pflanze mit belastetem Wasser gegossen, vielleicht kamen die Erreger über den Dünger in den Boden. „Prinzipiell können Escherichia-coli-Bakterien über die Wurzeln aufgenommen und in der Pflanze verteilt werden“, sagt Käsbohrer. Ob das bei den konkreten Ehec-belasteteten Samen auch der Fall war, weiß im Moment noch niemand.

Immer mehr Spuren führen aber zum Biohof nach Bienenbüttel. Diverse Sprossenarten von dort werden jetzt unter die Lupe genommen. Die Behörden haben drei Sprossenarten eingegrenzt, erklärte Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU). Demnach haben fünf erkrankte oder positiv getestete Mitarbeiterinnen des Betriebes im niedersächsischen Bienenbüttel bevorzugt Sprossen von Brokkoli, Knoblauch und Bockshorn gegessen. Vier gesunde Beschäftigte hätten vor allem die Sorten Alfalfa und Würzige Mischung gegessen. Dies könne ein Hinweis auf bestimmte Sprossenarten und damit auf den Ursprung der Infektion durch das Saatgut sein, sagte Özkan. Damit bestätigten sich die bisherigen Warnungen vor Sprossen.

Am Wochenende war bei zwei weiteren Mitarbeiterinnen des Sprossenerzeugers in Bienenbüttel der aggressive Darmkeim nachgewiesen worden. Beide hätten aber bisher keine Symptome. Bereits im Mai waren drei Mitarbeiterinnen des Betriebes mit Ehec-Symptomen erkrankt. Bisher ist unklar, ob Mitarbeiter den Keim eingeschleppt haben oder ob er durch Saatgut oder andere Quellen in den Betrieb gelangt ist. Auch die Infektionswege der Mitarbeiter sind unklar. Die Aufklärung sei aber wichtig, um Vorsorgesysteme zu entwickeln, erklärte Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU). (mit dpa)

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