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Straßenkinder

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Straßenkinder: Terre des Hommes gründet bundesweites Netzwerk

Bis zu 20.000 Kinder und Jugendliche leben in Deutschland auf der Straße. Nur etwa jeder zweite wendet sich an soziale Einrichtungen. Um die Jugendlichen besser zu erreichen und langfristig betreuen zu können, hat Terre des Hommes nun ein bundesweites Netzwerk gegründet.

Das Kinderhilfswerk Terre des Hommes hat gemeinsam mit mehr als 20 weiteren Organisationen ein bundesweites Bündnis für Straßenkinder in Deutschland ins Leben gerufen. Ziel des Bündnisses ist es, die Betreuung und Förderung von Straßenkindern besser zu vernetzen, betonte der Terre-des-Hommes-Experte für Straßenkinder, Uwe Britten.

In Deutschland leben nach Schätzungen von Terre des Hommes bis zu 20.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zumindest zeitweise auf der Straße. Viele seien krank und ohne Perspektive. Etwa jeder zweite werde von örtlichen Hilfsprojekten erreicht, sagte Britten. Rund die Hälfte der in Projekten betreuten Menschen sei unter 18 Jahre, drei Prozent unter 14 Jahre alt. 35 Prozent der Betroffenen seien Mädchen.

Die weiter hohe Zahl der Straßenkinder sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass die lokalen Hilfsprojekte von der Politik unzureichend unterstützt würden. Auch die föderalen Strukturen Deutschlands erschwerten eine erfolgreiche Arbeit, unterstrich Britten. Die Betreuung obdachloser Jugendlicher obliege den Ländern und Kommunen; Lösungsansätze auf Bundesebene gebe es daher nicht. Da Straßenkinder aber oft ihren Aufenthaltsort wechselten, sei eine längerfristige Betreuung unter diesen Voraussetzungen nur schwer möglich. Eine bundesweite Koordination der Projektarbeit und der überregionale fachliche Austausch seien daher dringend nötig.

Weglaufen kann viele Gründe haben

Experten befürchten, dass obdachlose Kinder und Jugendliche von der übrigen Gesellschaft völlig abgekoppelt werden, als Erwachsene durch alle Raster fallen und ihre eigenen Kinder wieder in die selbe Lage geraten. Obdachlosigkeit sei allerdings nur ein oberflächliches Problem, sagte Britten. Dahinter verbergen sich nach seiner Erfahrung viel gravierendere Schwierigkeiten. Die Gründe, von zu Hause wegzulaufen, reichen von Vernachlässigung über Gewalt in der Familie, Trennung, Alkoholismus oder Drogensucht der Eltern. "Es gibt keinen typischen Fall", sagte der Experte. Emotionale Vernachlässigung gebe es auch in ganz bürgerlicher Umgebung. Britten berichtete von einer Gymnasiastin, deren Vater Bürgermeister und deren Mutter Geschäftsfrau war. Das Mädchen hielt es dennoch nicht zu Hause aus.

Bessere Hilfen seien dringend nötig, forderte Jörg Richert vom Berliner Hilfsverein Karuna. "Es geht mitunter ums Überleben." Der Gesundheitszustand obdachloser Jugendlicher sei desolat - viele litten unter Hepatitis oder Depressionen, seien Alkoholiker oder drogensüchtig. Wenn sie erwachsen würden, seien sie häufig psychisch krank. (nim/AFP/dpa)

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