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Protest gegen Vereinte Nationen. In Den Haag gingen mehrere hundert Menschen für den "Zwarte Piet" auf die Straße.

© dpa

Streit um niederländischen Knecht Ruprecht: Demonstration für "Zwarte Piet"

Mehr als zwei Millionen Menschen unterstützen eine Facebook-Petition für den "Zwarte Piet". Die Figur ist die niederländische Version des Knecht Ruprecht. Bei UN-Experten ist sie nicht wohl gelitten, weil sie ein rassistisches Bild von Menschen afrikanischer Herkunft vermittele.

Selten waren sich die Niederländer so einig wie in diesen Tagen. Sie regen sich millionenfach über die Vereinten Nationen auf; den Anlass liefert eine Anfrage einer UN-Expertengruppe an die niederländische Regierung, die Aufklärung über die Gebräuche im Nachbarland zum Nikolaustag verlangt. „Sinterklaas“, die niederländische Version des Nikolaus, wird von Helfern begleitet, die ihre Gesichter schwarz gefärbt haben. Die Gestalt des „Zwarte Piet“, des dummen und frechen Gehilfen des heiligen Mannes, ist in den Augen der UN-Expertengruppe ein Ausdruck von Rassismus. Doch die Niederländer sehen das anders: Am Samstag gingen in Den Haag rund 500 Menschen für den „Zwarte Piet“ auf die Straße, während eine Facebook-Petition für die Schwarzer-Peter-Figur bis zum vergangenen Wochenende mehr als zwei Millionen Mal mit „Gefällt mir“-Klicks unterstützt wurde.

Für die Kinder in den Niederlanden hat der Nikolaustag die gleiche Bedeutung wie für deutsche Kinder das Weihnachtsfest. Die Ankunft des „Sinterklaas“ und des „Zwarte Piet“ mit dem Schiff wird live im niederländischen Fernsehen übertragen. Die „Zwarte Pieten“ verteilen anschließend am 5. Dezember Geschenke an die Kinder. Die jamaikanische Professorin Verene Shepherd, die bei den UN eine Expertengruppe für Menschen afrikanischer Herkunft leitet, schrieb in einem Brief an die niederländische Regierung: „Die Arbeitsgruppe kann nicht begreifen, warum Niederländer nicht einsehen, dass dies eine Rückkehr in die Sklaverei ist und dass dies im 21. Jahrhundert gestoppt werden muss.“ Verene Shepherd beklagt, dass der „Zwarte Piet“. der in einem bunten Mohrenkostüm steckt, „das stereotype Bild des Afrikaners und der Menschen afrikanischer Herkunft als Menschen zweiter Klasse nährt, ebenso wie die Idee der Minderwertigkeit innerhalb der niederländischen Gesellschaft“.
Zwar hat es immer wieder Protest gegen den „Zwarte Piet“ aus den Reihen der der niederländischen Antillianer und Surinamer gegeben. Aber nachdem die Vereinten Nationen das Fest offiziell in Frage stellten, kam es zu einem Sturm der Entrüstung unter den Schwarzer-Peter-Befürwortern. Mehr als 92 Prozent der Niederländer wollen das Fest unangetastet lassen. Die Vereinten Nationen dürften sich nicht in eine jahrhundertealte Tradition einmischen, lautet die fast einhellige Meinung der Niederländer.
Ein Sprecher der Weltkulturorganisation Unesco erklärte unterdessen, die Arbeitsgruppe spreche nicht im Namen der Vereinten Nationen. Es handele sich um unabhängige Experten, die von den Mitgliedsstaaten gewählt würden. Die Vereinten Nationen kritisierten indes, dass ihre unabhängigen Experten Ziel von Einschüchterungen oder persönlichen Angriffen würden. Tatsächlich mischen sich auch rassistische Untertöne in den Protestchor gegen die jamaikanische Expertin Shepherd.
Die Literaturwissenschaftlerin Marleen de Vries schrieb unterdessen in der Zeitung „Volkskrant“, dass die Figur des „Zwarte Piet“ schon immer wandlungsfähig gewesen sei. Sie führt den schwarzen Mann auf die Mauren zurück, die durch die Eroberung Spaniens in Nordafrika schon früh in Mitteleuropa präsent waren. Mohren in Verbindung mit einem Bischof sind seit dem späten Mittelalter bekannt. De Vries sieht das Vorbild für den „Zwarte Piet“ in den Sarazenen, die wegen ihrer Religion, dem Islam, gefürchtet waren. Für die Literaturwissenschaftlerin ist die Darstellung des Mohren seit 700 Jahren Teil der europäischen Kulturgeschichte. Der Hinweis auf die Sklaverei führt nach ihrer Ansicht jedenfalls in die Irre.

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