zum Hauptinhalt
In der Türkei gibt es Wirbel um das Historien-Drama "Das prächtige Jahrhundert".

© Tsp

Streit um türkische TV-Serie: "Das hat mir Angst gemacht"

In Deutschland ist Meriem Sarah Userli trotz Rollen in Serien wie "Ein Fall für Zwei" nicht allen Fernsehzuschauern ein Begriff. Anders in der Türkei, der Heimat ihres Vaters. Dort steht sie im Mittelpunkt der umstrittensten und erfolgreichsten TV-Serie seit langem - und im Zentrum eines Streits.

Als der Anruf aus der Türkei kam, saß Meriem Sarah Userli in ihrer Wohnung in Berlin und überlegte, was sie nach dem Abschluss von zweiwöchigen Dreharbeiten für die ZDF-Serie "Der Staatsanwalt" anfangen sollte. Ein Bekannter hatte sie den Istanbuler Produzenten des neuen Historien-Dramas "Das prächtige Jahrhundert" empfohlen, die eine Hauptdarstellerin suchten. Wenige Wochen später stand Userli in der Türkei vor der Kamera und geriet damit unversehens in eine der heftigsten Auseinandersetzungen um eine Fernsehserie, die das Land je gesehen hat. "Es hat mich verunsichert und hat mir teilweise auch etwas Angst gemacht," sagte sie uns jetzt in Istanbul.

Im "prächtigen Jahrhundert" spielt die 27-jährige Userli die ukrainische Sklavin Roxelana, die im 16. Jahrhundert am Hof des osmanischen Sultans Süleyman des Prächtigen aufstieg und schließlich die Frau des Herrschers wurde. Süleyman war einer der bedeutendsten Sultane in der 600-jährigen Geschichte des Osmanenreiches und wird noch heute in der Türkei tief verehrt.

Für die in Kassel geborene Userli, Tochter eines türkischen Vaters und einer deutschen Mutter, bildete die Serie von Anfang an eine große Herausforderung. Da war zum einen die Figur von Roxelana selbst. "Es ist eine sehr komplexe Frau, eine sehr temperamentvolle Frau, eine Frau mit tausend Gesichtern, eine tickende Zeitbombe," sagt Userli. Dann war da das fremde Land Türkei, das Userli mit ihrem deutschen Pass nur aus Besuchen bei der Verwandtschaft kannte, und ihre spärlichen türkischen Sprachkenntnisse. "Das Drehbuch ist wie ein Vokabelheft für mich."

All diese neuen Erfahrungen waren aber nichts gegen die Reaktionen, die bei Sendestart des "prächtigen Jahrhunderts" über Schauspieler, Produzenten und Drehbuchautoren beim Privatsender Show TV hereinbrachen. Zwar erzielten die ersten drei Folgen der Serie Einschaltquoten von rund 50 Prozent. Doch schon vor dem Sendestart gingen aufgrund von Filmausschnitten rund 80.000 Beschwerden bei der türkischen Fernsehaufsicht ein, Regierungspolitiker in Ankara warfen Show TV einen respektlosen Umgang mit einer großen historischen Persönlichkeit vor, nationalistische Demonstranten bewarfen das Gebäude des Senders mit Eiern.

Die Kritiker stießen sich vor allem daran, dass Süleyman angeblich beim Alkoholkonsum gezeigt wird und dass der Fernseh-Sultan viel zu viel Zeit bei seinen Frauen im Harem verbringt. Als Roxelana tanzte Userli in einer Szene verführerisch vor dem Herrscher. "Die machen aus dem Harem einen Puff", riefen die Demonstranten vor Show TV anschließend.

Und das machte Userli Angst. "Weil es so große Ausmaße angenommen hat, dass ich teilweise sehr sprachlos dasaß und nicht wirklich einschätzen konnte, wie das jetzt weitergeht." Die Aufsichtsbehörde in Ankara verwarnte Show TV offiziell und drohte indirekt mit einem Verbot der Serie.

"Groß ist die Angst nicht, aber die Angst ist da," sagte Userli über die Drohung eines Verbots. "Ich versuche, das auch etwas wegzuschieben und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren." Der Erfolg der Serie hat sie inzwischen etwas beruhigt, weil die nach wie vor sehr hohen Einschaltquoten einen gewissen Schutz vor Einmischung durch die Behörden bieten. "Aber letztendlich ist es natürlich so, dass eine gewisse Angst bleibt. Wir haben alle sehr viel Zeit, sehr viel Liebe, sehr viel Leidenschaft in dieses Projekt gesteckt. Es wäre schön, wenn das noch eine Zeitlang gut laufen würde."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false