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Weißwurst

© dpa

Streit um Weißwurst: Hamburg beansprucht Urheberschaft

Die Weißwurst gehört zu München wie das Oktoberfest. Doch jetzt behauptet ein Hamburger Gastwirt, an der Waterkant habe es diese Delikatesse schon vorher gegeben. Er will sie als Hamburger Kulturgut wiederbeleben und sogar auf der Wies'n anpreisen.

Mit seiner "Hamburger Weißwurst" hat ein Küchenchef aus der Hansestadt die Debatte um die Herkunft der besonders in Bayern beliebten Spezialität neu entfacht. Die von Thorsten Gillert am Donnerstagabend in der "Oberhafen-Kantine" präsentierte Brühwurst enthält neben Kalbfleisch und Schweinespeck auch Fisch - zwei Sorten Hering - und soll ihren Ursprung Anfang des 19. Jahrhunderts im napoleonisch besetzten Hamburg haben.

Hamburger Kulturgut soll Oktoberfest erobern

Damit wäre sie mehrere Jahrzehnte älter als die angeblich 1857 erfundene original "Münchner Weißwurst". Mit seiner Rezeptur will Gillert ein "Hamburger Kulturgut" wiederbeleben, das im nächsten Jahr laut seinem Sprecher Günther van Ravenzwaay auch das Münchner Oktoberfest erobern soll.

Es ist nicht der erste Versuch, eine Weißwurst von der Waterkant zu etablieren - so habe ein anderes Hamburger Restaurant eine Zeitlang eine Luxusversion aus reinem Kalbfleisch mit Lachskaviar serviert, berichtet van Ravenzwaay. Dies gehe ebenso wie die neue Variante zurück auf die Zeit von 1806 bis 1814. Damals habe der Leibkoch des französischen Marschalls Louis-Nicolas Davout die jenseits des Rheins schon seit Langem verspeiste Weißwurst ("boudin blanc") in der Hansestadt bekannt gemacht.

Alexandre Dumas soll die Hamburger Weißwurst verköstigt haben

So habe 1822 der Kunsthistoriker und Feinschmecker Carl Friedrich von Rumohr von den Hamburger Kalbswürstchen geschrieben, in denen Fleisch "von Land- und Meeresgetier" vermengt sei, und Schriftsteller Alexandre Dumas habe zum "boudin hambourgeois" statt Bier ein Glas Weißwein empfohlen.

Die neue Hamburger Weißwurst-Rezeptur sei "eine wunderbare Gelegenheit, die Dinge zurechtzurücken" und der entlang des Mains verlaufende Weißwurst-Äquator "damit wohl aufgelöst", frohlockt van Ravenzwaay. Denn zwar hätten Franzosen die Weißwurst wohl erfunden, aber in Deutschland seien nicht etwa die Münchner, sondern die Hamburger die Ersten gewesen.

Die "Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst" reagiert auf den Neustart der "Hamburger Weißwurst" allerdings gelassen. "Wir haben damit kein Problem", sagt Sprecher Markus Brandl. "Wer zuerst da war, interessiert uns gar nicht. Wir kämpfen nicht gegen andere, sondern nur für unser Produkt."

Sepp Moser erfand die Weißwurst

Klar sei nämlich, dass die Münchner Weißwurst 1857 vom Münchner Gastwirt Sepp Moser erfunden worden sei, und ihre geographische Herkunftsangabe gehöre geschützt. Dies gelte ebenso für andere Produkte der "unglaublichen Wurstkultur" in Deutschland, sagte Brandl, insofern sei es ihm sogar "ganz recht, wenn auch die Hamburger ihre Spezialität schützen".

Auch der Geschäftsführer des bayerischen Fleischerverbands, Josef Fendt, reklamiert die Weißwurst nicht allein für den Freistaat. Die Leitsätze für das Fleischerhandwerk listeten drei Arten von Weißwürsten auf, sagt er. "Vielleicht ist die Hamburger ja eine andere als die Münchner, dann hätten beide Recht."

Deike Stolz[ddp]

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