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Streit unter Nachbarn: Einer säge des anderen Ast

Der Vorstandschef des Kettensägen-Herstellers Stihl soll einen Baum gefällt haben – beim Nachbarn.

Die gemeine Hainbuche, so steht es im Baumlexikon des berühmten Kettensägen-Herstellers Stihl, „wächst fünf bis 15 Meter hoch, wird häufig als Sichtschutz eingesetzt und ist gut schnittverträglich.“ Von daher war sie für Jürgen K. die richtige Pflanze, um mit einigen dieser Bäume (carpinus betulus) seine schöne Villa im schwäbischen Winnenden vor neugierigen Blicken abzuschirmen. Doch als Jürgen K. vor einigen Wochen aus dem Urlaub kam, klaffte eine Lücke in seiner Hecke, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“. Eine der kräftigen Buchen war fachmännisch gefällt, das Kleinholz beiseite geschafft. Den Urheber des frechen Baumfrevels hatte der Villenbesitzer schnell ausgemacht: Es soll sein zukünftiger Nachbar gewesen sein, dem die Buche in Nachbars Garten beim Bau seines neuen Hauses offenbar im Wege gestanden hatte. Kurzerhand wurde sie gefällt.

Sägen hatte der Bauherr genug, wenn er der Täter war. Schließlich handelt es sich um den Vorstandsvorsitzenden des Kettensägen- Herstellers Stihl. Und heißt es schließlich nicht in einem Werbespruch der Firma Stihl: „Gesägt, getan“? Nach dem sauberen Schnitt tun nun erst einmal andere ihre Arbeit: die Polizei und das Ordnungsamt. Denn erstens wird das Absägen fremder Bäume rechtlich als „Sachbeschädigung“ und das Mitnehmen des Holzes als „Diebstahl“ gewertet, zudem darf laut Naturschutzgesetz zwischen März und September sowieso kein Baum gefällt werden. Der Stihl-Chef, so ließ ein Polizeisprecher durchblicken, wird wohl in den kommenden Tagen einen Bußgeldbescheid erhalten. Der Vorfall soll sich nach Angaben der ermittelnden Polizeidirektion Waiblingen bereits Mitte Juni abgespielt haben.

Der Vater aller Sägen will sich zu der Anzeige gegen ihn nicht äußern. Fragesteller werden von der Pressestelle des Unternehmens mit einem knappen „kein Kommentar“ abgeschnitten. Wenn auch der Konzern schweigt, die Nachbarn reden gerne: Ein älteres Ehepaar von schräg gegenüber kann die ganze Aufregung „wegen so einem Bäumle“ nicht recht verstehen. So beginne man jedenfalls keine gute Nachbarschaft, wenn der eine gleich mit der Säge und der andere mit der Polizei kommt.

Gut möglich, dass sich die zerstrittenen Villenbesitzer aber auch demnächst wieder versöhnen werden, wenn der Stihl-Vorstandsvorsitzende seinem Nachbarn eine schöne neue Säge schenkt und ihm die kreativen Seiten im Umgang mit so einem Gerät erklärt. Denn, so steht es auch im Stihl-Katalog, „es muss ja nicht immer gleich Kleinholz sein. Bauen sie doch mit Ihrer Säge einen Nistkasten, einen Blumentrog oder rustikale Sitzgelegenheiten.“ Gesägt, getan.

Philipp Maußhardt

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