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Studie: Missbrauchsskandal in Irland

In kirchlichen Einrichtungen in Irland sollen jahrzehntelang Minderjährige missbraucht worden sein. Vor allem Jungen seien einer Studie zufolge systematisch gequält worden. Opferverbände kritisieren die Rolle des Staates.

In Einrichtungen der katholischen Kirche in Irland sind Prügel und sexueller Missbrauch von Jungen einer Studie zufolge über Jahrzehnte an der Tagesordnung gewesen. Die Kinder hätten tagtäglich in der Angst vor Schlägen gelebt, heißt es in einem von der irischen Regierung in Auftrag gegebenen Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Vertreter von Opferverbänden kritisierten die Studie als juristisch unverbindlich.

Ein "Klima der Angst" habe vor allem in den Einrichtungen für Jungen geherrscht, kritisieren die Verfasser der 2500-seitigen Studie. In den vom Staat finanzierten und von der katholischen Kirche betriebenen Waisenhäusern, Kinderheimen und Erziehungsanstalten habe es keine Richtlinien gegeben, um die Kinder vor Fehlverhalten des Personals zu schützen. Die Regierung hatte die Studie über den Alltag in den kirchlichen Einrichtungen seit den 30er Jahren nach einer Reihe von Enthüllungen im Jahr 2000 in Auftrag gegeben.

Besonders litten Jungen der Studie zufolge unter den Misshandlungen. "Sexueller Missbrauch war in den Einrichtungen für Jungen üblich", heißt es in dem Bericht. Dies sei zwar als "dauerhaftes Problem" bekannt gewesen, die katholische Kirche habe den Opfern jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt oder ihnen trotz Beweisen nicht geglaubt. In den Einrichtungen für Mädchen habe es zwar auch sexuellen Missbrauch gegeben, dieser sei jedoch nicht "systematisch" gewesen.

Als "Sklavenarbeiter" vermietet

Die Studie wirft Kirche und Staat vor, wissentlich die Augen vor den Zuständen verschlossen zu haben. Jeder Missbrauchsfall sei von der Kirche als Einzeltat und in Verschwiegenheit behandelt worden. Es habe keine Bestrebungen gegeben, das Problem grundlegend in Angriff zu nehmen, heißt es in dem Bericht. Im besten Fall seien die für den Missbrauch verantwortlichen Erzieher versetzt worden, es sei jedoch nichts zum Schutz der Minderjährigen getan worden. In den wenigen Fällen, in denen das Erziehungsministerium von dem sexuellen Missbrauch erfahren habe, sei auch vom Staat der Mantel des Schweigens über die Vorfälle gedeckt worden.

John Kelly vom Opferverband Soca kritisierte den Bericht als enttäuschend. Die Studie enthalte keine juristisch bedeutsamen Informationen, sagte Kelly. Der Staat wolle verschweigen, dass er seiner Verantwortung nicht nachgekommen sei. Die Kinder seien als "Sklavenarbeiter" an Bauern vermietet worden, berichtete Kelly. Schläge seien für die nicht bei ihren Namen, sondern mit Nummern gerufenen Minderjährigen an der Tagesordnung gewesen. "Ich war nicht John Kelly, ich war Nummer 253, das werde ich niemals vergessen." In den inzwischen geschlossenen Einrichtungen lebten Schätzungen zufolge bis zu 40.000 Kinder. (ck/AFP)

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